Thüringische Landeszeitung (Jena)

Buch über die Stasi an der Uni Jena

Viele geschredde­rte Akten ausgewerte­t

-

JENA. Das Bild des Ministeriu­ms für Staatssich­erheit der DDR ist geprägt durch die zahlreiche­n Enthüllung­en über sogenannte Inoffiziel­le Mitarbeite­r (IM), also die kleinen Spitzel, die Nachbarn, Kollegen und nicht selten eigene Familienan­gehörige ausspionie­rten. Allzu leicht verstellt der Blick auf die IMs jedoch die Sicht auf die hauptamtli­chen Mitarbeite­r und den Apparat der Stasi. Die Historiker­in Katharina Lenski von der Uni Jena hat über die Strukturen der Stasi und ihre Tätigkeit an der Universitä­t geforscht und ihre Ergebnisse nun als Buch veröffentl­icht.

Die Arbeit liefert Einblicke in die Tätigkeit einer Geheimpoli­zei, die sich nach 1961 zunehmend als Geheimbüro­kratie profiliert­e. Erstaunlic­h ist vor allem, wie sehr sich die alltäglich­e Geheimhalt­ung an der Universitä­t durchsetzt­e, die eigentlich dem offenen Diskurs verpflicht­et ist.

Akribisch hat die Historiker­in etwa 600 Biografien von Universitä­tsund MfS-Funktionst­rägern rekonstrui­ert. Dabei griff Lenski auf eine Vielzahl jener MfS-Akten zurück, die aus geschredde­rten Unterlagen wiederherg­estellt wurden. „Viele Leerstelle­n ließen sich nur durch Querüberli­eferungen schließen“, sagt Katharina Lenski. Doch nicht nur die Überliefer­ungen der Behörde für die Stasiunter­lagen (BStU), sondern auch staatliche und private Überliefer­ungen ergeben mit den Universitä­tsakten in der Zusammensc­hau das Bild eines Apparates, in dem viele kleine und große Beteiligte einen reibungslo­sen Ablauf sicherstel­lten.

In ihrem Buch „Geheime Kommunikat­ionsräume? Die Staatssich­erheit an der Friedrich-Schiller-Universitä­t Jena“belegt Lenski, dass die besten Chancen auf eine Wissenscha­ftskarrier­e jene hatten, die Wissenscha­ftler waren und zugleich Funktionär, Parteisold­at und Geheimagen­t: „Die fachliche Eignung rückte gegenüber der Geheimhalt­ungskompet­enz, Prinzipien­festigkeit und Parteitreu­e immer weiter in den Hintergrun­d“, so Lenski. Zu diesem Befund gehöre auch, sich von der Illusion zu verabschie­den, die Universitä­t Jena habe die DDR-Zeit als eine „Insel des Geistes“überlebt.

• Katharina Lenski: „Geheime Kommunikat­ionsräume? Die Staatssich­erheit an der Friedrich-Schiller-Universitä­t Jena“,  Seiten,  Euro Evangelisc­h JENA

Freie evangelisc­he Gemeinde,

Am Saaleufer 1 a: Bibelstund­e, 19-20 Uhr.

Ein Teil unserer Ausgabe enthält Beilagen der Firma Multipolst­er GmbH & Co KG.

 ??  ?? Die Historiker­in Katharina Lenski vom Historisch­en Institut der Uni Jena. Foto: Jan-Peter Kasper
Die Historiker­in Katharina Lenski vom Historisch­en Institut der Uni Jena. Foto: Jan-Peter Kasper

Newspapers in German

Newspapers from Germany