Thüringische Landeszeitung (Jena)
104-Jähriger wirbt für Harmonie
Fritz Tasso Tuche denkt viel über die Stadt und ihre Entwicklung nach – Er hat eine HochhausFormel
JENA. Zum 104. Geburtstag macht sich der Jenaer Fritz Tasso Tuche Gedanken über die Stadtentwicklung. Eigentlich sei es doch ganz leicht, als Stadt zu wachsen, sagt er. Architekten müssten nur „Harmonie zwischen Altem und Neuem finden“. Früher ist er viel gereist, und er freute sich über Städte, denen der Gleichklang noch besser gelang als Jena.
Fritz Tasso Tuche bekam gestern die offiziellen Geburtstagsglückwünsche der Stadt Jena, so wie das bei Hochbetagten üblich ist. Jena-Nord-Ortsteilbürgermeister Christoph Vietze sieht er so mindestens einmal im Jahr. Der fragte auch gleich nach: „Und, was halten Sie von den Hochhäusern am Eichplatz?“
Halb so groß bauen, wie die Berge hoch sind
Als jemand, der von Beruf Hochbauingenieur ist und als Dozent an der Fachschule für Bautechnik Neustrelitz gelehrt hat, musste der Senior nicht lange nach einer Antwort suchen. Es sei unvermeidlich, dass die Häuser größer werden, sagt er. „Doch haben auch Hochhäuser ihre Grenzen.“Tuches Formel lautet: Gefühlt maximal halb so hoch bauen, wie die Jenaer Berge sich über das Tal erheben. Die Punkthochhäuser an der Closewitzer Straße haben für ihn das gute Maß überschritten.
Mit 104 Jahren hat Fritz Tasso Tuche noch ein großes Ziel. Und das heißt „100 Jahre Jenaer sein“. Dieses Quantum ist 2019 erreicht, denn dann jährt sich der Zuzug zum 100. Mal. Eigentlich stammt er aus Naumburg. Der Vater fiel im 1. Weltkrieg. Nach der Zimmermannsausbildung bildete er sich auf Mutters Rat hin weiter. Er studierte und arbeitete als Student bei dem seinerzeit angesehenen Architekturbüro Walter Engelhardt, das in seiner Zeit das Paradiescafé plante. Und er schaffte es, in allen Schulen, die er besucht hat, später selbst als Lehrer zu arbeiten. Sowohl in der Talschule als auch in seiner Berufsschule.
Natürlich muss man mit 104 Jahren über das Thema Gesundheit reden. Das Geburtstagskind räumt ein, dass vieles mit 100 Jahren noch besser ging. Da ist er noch auf die Berge gekraxelt, die sich in Jena am wenigsten verändert hätten. Und ja, er habe sich eine neue Brille machen lassen. Eine, mit der er auch das Kleingedruckte lesen könne. „Das ist ja heutzutage besonders wichtig!“
Wenn der Jubilar durch Jena geht, mag er vor allem die Oberlauengasse, die Johannisstraße und natürlich den Markt. Dort findet er Orte wieder, die ihn an seine Kindheit erinnern. Das sei noch „Original Jena“. Zuhause rumsitzen und aufs Fenster schauen, ist nicht sein Ding.
Er liest viel und denkt über die schönen Dinge in seinem Leben nach: Zum Beispiel Schüler, die ihn, Jahrzehnte nachdem sie die Schule verlassen haben, dankbar wiedererkannten und grüßen – oder an frühere Reisen. Dabei fand er heraus, dass sich die Gedanken der Menschen in der Welt kaum unterscheiden. „Nur die Obersten denken leider unterschiedlich.“Innerlich bedauerte er sehr, dass die 1922 in die Wege geleitete Paneuropa-Bewegung fast 100 Jahre später nicht wirklich zu einem geeinten Europa geführt habe.
Für den Ortsteilbürgermeister und den Gast von der Presse kochte der 104-Jährige gestern guten Bohnenkaffee. Er versicherte, im kommenden Jahr für weitere Gespräche zur Verfügung zu stehen. Für seine aktuelle Wohnsituation gebraucht er ein schönes Bild: „Ich verlängere meinen Parkplatz vor dem Gottesacker!“