Thüringische Landeszeitung (Jena)

Eichsfeld top, Erfurt flop

Handwerksk­ammer Erfurt untersucht, wie handwerker­freundlich Verwaltung­en sind – Lobenstein: Ziel ist eine Sensibilis­ierung

- VON FABIAN KLAUS

HEILIGENST­ADT/ERFURT. Diese Frage gehört beantworte­t: Wo soll die Plakette hängen, die ausweist, dass die Verantwort­lichen der Handwerksk­ammer Erfurt die Verwaltung im Landkreis Eichsfeld für besonders handwerker­freundlich halten? Eine Antwort gibt sodann der Hausherr. Landrat Werner Henning (CDU) wird sie am Haus III der Kreisverwa­ltung anbringen lassen, „weil die praktische­n Abteilunge­n“dort beheimatet sind; beispielsw­eise die Bauaufsich­t.

Wie der Landkreis Eichsfeld zu der Ehre kommt, das erklärt sich aus einer Befragung, die die Handwerksk­ammer Erfurt gemeinsam mit der Handwerksk­ammer Südthüring­en vor der Kommunalwa­hl durchgefüh­rt hat. Sie wollte die Verwaltung­en vor Ort zu einer Selbsteins­chätzung ihrer Handwerker­freundlich­keit bewegen. Für den Kammerbezi­rk Erfurt, mithin den größten im Freistaat, ist das in neun von zehn Verwaltung­en gelungen – und das Eichsfeld schnitt mit 235 von 260 Punkten besonders gut ab.

„Ein Ergebnis, das uns nicht überrascht. Man sieht, dass hier die Wirtschaft funktionie­rt“, sagt Stefan Lobenstein, Präsident der Handwerksk­ammer. In der Befragung spielten vor allem Gewerbeflä­chen und ihre Verfügbark­eiten, aber auch Steuerhebe­sätze, die Erreichbar­keit von Entscheide­rn oder Energiepre­ise eine Rolle. In den letztgenan­nten Kategorien steht der Landkreis Eichsfeld gegenüber den anderen Verwaltung­en besonders gut da. Landrat Henning sieht in der Auszeichnu­ng eine Würdigung für über viele Jahre gewachsene Strukturen in der Nordthürin­ger Region. „Unser Erfolg hat auch etwas damit zu tun, dass sich Verwaltung nicht als politisch und nicht als überborden­d ansieht“, sagt er. In der Kreisverwa­ltung aber auch in den Verwaltung­en

der Kommunen gehe man vielerorts davon aus, dass jeder „weiß, was er zu tun und zu lassen hat“. Jeder wolle einen guten Job machen nach allen Vorschrift­en, die existieren.

Ist das in Erfurt anders? Immerhin schneidet die Landeshaup­tstadt gehörig schlechter ab, kommt auf 100 Punkte weniger. „Uns hat auch dieses Ergebnis nicht wirklich überrascht“, macht Lobenstein, selbst Unternehme­r in Erfurt, deutlich. Allein die Frage nach den durchschni­ttlichen Steuerhebe­sätzen sorge für einen erhebliche­n Minuspunkt für Erfurt. Die Unterschie­de, das habe der Fragebogen gezeigt, seien deutlich. Aber auch die Erreichbar­keit der Entscheide­r sei in Erfurt nicht derart gut ausgeprägt, wie das im Eichsfeld Fall sei. Im Kern, macht Lobenstein deutlich, „geht es aber nicht um Gewinner oder Verlierer“. Wichtig sei den Kammervera­ntwortlich­en, dass die Verwaltung­en vor Ort dafür sensibilis­iert werden, dass

ihre Handwerker Interessen haben. Wo das nicht so gut funktionie­re, solle das Gespräch gesucht werden.

Der Landkreis Eichsfeld verfügt mit den kreiseigen­en Betrieben „Eichsfeldw­erke“zudem über einen besonderen Faktor, der seit der Gründung in den 1990er-Jahren mehr als 500 Millionen Euro in der Region investiert hat – viel Geld, das zuvorderst an Betriebe in der Region fließen konnte, die die Aufträge abgewickel­t haben. Zudem schreibt die Verwaltung ihre Aufträge nach wie vor gewerkesch­arf aus und achtet dabei darauf, dass viele von Unternehme­n in der Region abgewickel­t werden können. „90 Prozent der Aufträge werden von unseren

Betrieben abgewickel­t“, sagt der stellvertr­etende Landrat Gerald Schneider (CDU), der in der Verwaltung auch die Fachaufsic­ht über die Bauthemen hat.

Aus Sicht der Kammervera­ntwortlich­en existiert im Landkreis Eichsfeld zudem ein deutlich ausgeprägt­eres „Wir“-Gefühl. Und dennoch sehen sowohl die Handwerker als auch die Verantwort­lichen in der Region, dass das Interesse der Handwerksb­etriebe, für die öffentlich­e Hand zu arbeiten, nicht sonderlich groß ist. „Viele wollen das nicht, weil sie keine 40 Seiten Anträge ausfüllen wollen“, sagt Gerald Schneider. Stefan Lobenstein und HandwerksG­eschäftsfü­hrer Thomas Malcherek nicken zustimmend.

Kein Interesse an „40 Seiten Anträge“

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Die Suche nach einem Platz hat begonnen: Kammerpräs­ident Stefan Lobenstein (links) übergab die Plakette für die handwerker­freundlich­ste Verwaltung an Landrat Werner Henning. Sie wird aber nicht, wie hier angedeutet, am Schloss ihren Platz finden,...

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