Thüringische Landeszeitung (Jena)
Neue und alte Heimat Jena
Für den einen bedeutet Arbeit in Thüringen die Heimkehr, für den anderen war es ein Neustart in der Fremde
JENA. In Thüringer Unternehmen bleiben tausende Stellen unbesetzt, Arbeitgeber ringen um qualifizierte Arbeitskräfte. Gleichzeitig setzen sich eben diese Arbeitskräfte ins Auto, um zu einer Arbeitsstelle in einem anderem Bundesland, sogar einem anderen Land zu fahren. Um Pendler zurück an Thüringer Arbeitsplätze zu holen, müssen sich Arbeitgeber attraktiv machen. Thomas Machts, Geschäftsführer von „Geborgen schlafen“hat es geschafft.
Ein anderer Ort, ein anderer Beruf
Zurückgekehrt in seine Heimat ist Kai Siewert. Der gelernte Zimmermann aus Tröbnitz gab seinen Beruf für eine Stelle in Bayern auf. In Mittenwald, einem Ort nah der Grenze zu Österreich, übernahm er die Leitung einer Fahrradwerkstatt. „Ich bin privat Radrennen gefahren und habe auch selber geschraubt. Somit konnte ich mich in der Werkstatt als Profi behaupten.“Drei Jahre lang blieb Kai Siewert in Süddeutschland, bis er in seine Heimat und zu seinem alten Handwerk, der Zimmerei, zurückkehrte. „Es war schon eine interessante Findungsphase, doch jetzt bin ich hier zufrieden. Es ist perfekt.“
Glücklich in Jena ist auch Harald Jörn. Der Koch aus dem Rheinland wählte den umgekehrten Weg und ist ThüringenZuwanderer und verpflegt die Kundschaft sowie seine Kollegen des Unternehmens im Gewerbegebiet JenA4 bei Lobeda. Die Firma Machts betreibt außer ihrem Kerngeschäft Tischlerei auch ein kleines Bistro zur Pausenversorgung. Dabei war der Koch 2010 aus der Gastronomie ausgestiegen. Die Arbeitszeiten erlaubten dem Vater von drei Kindern keinen geregelten Alltag. Stattdessen arbeitete er als Verkäufer in einem Bioladen, wo ihm Thomas Machts über den Weg lief. „Harry kann man nichts mit Pestiziden unterjubeln“, sagt der Unternehmenschef, der ihn schließlich doch wieder beruflich an den Herd holte.
„Ich wollte tagsüber bio kochen und das kann ich hier“, erzählt Harald Jörn. Mit seiner Partnerin, die in Jena studierte, wohnt er in der Saalestadt.
Heimat ist dort, wo die Familie ist und dieses Potenzial können Unternehmen nutzen, um Arbeitskräfte zurück nach Thüringen locken. „Ins Auge fassen sollte man die Wochenendpendler, denn sie haben ihren Lebensmittelpunkt in der Heimat und sind durchaus bereit, zurückzukommen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, sagt Holger Bock, Vorsitzendes der Geschäftsführung der Jenaer Agentur für Arbeit. Arbeitgeber machen sich demnach nicht nur mit Lohn attraktiv, sondern auch mit familienfreundlichen Beschäftigungsmodellen und Weiterbildungsangeboten für ihre Mitarbeiter.