Thüringische Landeszeitung (Jena)
Rechtsrock kann nicht verboten werden
Innenminister Maier will deshalb schärfere Auflagenbescheide durchsetzen
ERFURT/THEMAR. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hat die Hoffnung aufgegeben, dass Rechtsrockkonzerte gerichtlich verboten werden. Er sagte der TLZ: „Es ist unrealistisch, dass es uns gelingt, jemals ein Rechtsrockkonzert zu verbieten.“Die Gerichte, so der Innenminister, würden das Versammlungsrecht dafür einfach zu hoch bewerten, schätzt er ein. Das habe auch er in den vergangenen Wochen und Monaten lernen müssen.
Am vergangenen Wochenende waren mehr als 2000 Neonazis ins südthüringische Themar (Kreis Hildburghausen) gekommen zu einem als Versammlung angemeldeten NeonaziKonzert.
Maier hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt das Thema Rechtsrock als erster Thüringer Innenminister überhaupt zur Chefsache erklärt. Mit der Einsicht, dass Rechtsrockkonzerte wohl nicht verboten werden können, geht für den SPD-Politiker aber kein Hinnehmen dieser Veranstaltungen einher. „Wir werden uns zukünftig noch stärker auf das Thema Auflagen konzentrieren“, betont Maier, dass es künftig schärfere Auflagenbescheide für die Veranstalter geben solle. Das sei in diesem Jahr bereits einmal erfolgreich gewesen, als ein Neonazi-Konzert in Arnstadt, das über mehrere Tage gehen sollte und zu dem angeblich mehr als 5000 Rechtsextreme erwartet wurden, abgesagt wurde. Rund um die Absage gab es im März allerdings widersprüchliche Einschätzungen: Während der Innenminister die Rücknahme des Konzerts durch den Veranstalter als Erfolg verbuchte, gab es andere Stimmen – unter anderem von der Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss (Linke), die länger bereits von einer Absage des Konzertes ausging.
ERFURT. Die Aufarbeitung der Geschehnisse in Themar vergangene Woche laufen. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) ist dabei durchaus kritisch – mit sich selbst.
Der Mann, der den Kampf gegen Rechts mit Amtsantritt zur Chefsache erklärte, sieht mittlerweile ein, dass es wohl per Gerichtsentschluss kein Verbot von Rechtsrock-Konzerten geben wird, wenn diese als Versammlungen angemeldet sind. Da hilft auch der Naturschutz nicht, mit dessen Hilfe die Veranstaltung mit mehr als 2000 Neonazis aus Deutschland und halb Europa verhindert werden sollte. Das sei nicht gelungen, sagt Maier. Und: „Wir haben durch widersprüchliche Informationen ein Stück weit die Mobilisierung gehemmt. Das lasse ich mir auch anheften.“
Was der SPD-Politiker meint, wird schnell klar: Nach Themar waren einige Aufrechte gekommen, um gegen die Neonazis aufzustehen. Aber die Unterstützung aus dem Land hielt sich für die Zivilgesellschaft erneut stark in Grenzen. Maier führt das darauf zurück, dass zu lange von einem Verbot ausgegangen wurde – und deshalb ad hoc kaum
Mobilisierung stattfinden konnte.
Gleichwohl kann er aber auch Fortschritte erkennen. Das positive Fazit des Polizeieinsatzes freut Maier. Er weiß, dass er dafür selbst mit verantwortlich ist, nachdem 2017 einige Dinge schief gelaufen sind. Nicht nur die Vielzahl registrierter Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ist ein Beleg für das stringente Durchgreifen. Auch das Einschreiten gegen einen Sänger, der ein indiziertes Lied gesungen hat, und der Abbruch seines Auftritts zeigen das deutlich. Zur Polizeiarbeit sagt Maier: „Wir haben hier ordentliche Fortschritte.“
Positiv fügte sich in diesem Jahr allerdings, dass viele Kräfte anderer Bundesländer in Themar eingesetzt werden konnten. Das, sagt Maier, hänge auch damit zusammen, dass die Anfragen rechtzeitiger gestellt worden seien: „Wir haben dazugelernt.“
Den Eindruck teilt auch Matthias Quent, Chef des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena. Er sagt im Gespräch mit dieser Zeitung: „Ich stütze die Einschätzung des Innenministers ausdrücklich, dass es ein Verbot von als Versammlung angemeldeten Rechtsrock-Konzerten per Gerichtsbeschluss nicht geben wird.“Er findet es positiv, dass die Einsicht mittlerweile existiere – man müsse das den Menschen auch mitteilen. Denn es komme, und da sprechen sowohl Quent als auch Maier eine Sprache, vor allem auf die Zivilgesellschaft und deren Kreativität an – und speziell in Themar auch auf die Unterstützung der örtlichen Akteure von außerhalb.
„Wir haben durch widersprüchliche Informationen ein Stück weit die Mobilisierung gehemmt. Das lasse ich mir auch anheften.“
Thüringens Innenminister Georg Maier