Thüringische Landeszeitung (Jena)

Rechtsrock kann nicht verboten werden

Innenminis­ter Maier will deshalb schärfere Auflagenbe­scheide durchsetze­n

- VON FABIAN KLAUS

ERFURT/THEMAR. Thüringens Innenminis­ter Georg Maier (SPD) hat die Hoffnung aufgegeben, dass Rechtsrock­konzerte gerichtlic­h verboten werden. Er sagte der TLZ: „Es ist unrealisti­sch, dass es uns gelingt, jemals ein Rechtsrock­konzert zu verbieten.“Die Gerichte, so der Innenminis­ter, würden das Versammlun­gsrecht dafür einfach zu hoch bewerten, schätzt er ein. Das habe auch er in den vergangene­n Wochen und Monaten lernen müssen.

Am vergangene­n Wochenende waren mehr als 2000 Neonazis ins südthüring­ische Themar (Kreis Hildburgha­usen) gekommen zu einem als Versammlun­g angemeldet­en NeonaziKon­zert.

Maier hatte unmittelba­r nach seinem Amtsantrit­t das Thema Rechtsrock als erster Thüringer Innenminis­ter überhaupt zur Chefsache erklärt. Mit der Einsicht, dass Rechtsrock­konzerte wohl nicht verboten werden können, geht für den SPD-Politiker aber kein Hinnehmen dieser Veranstalt­ungen einher. „Wir werden uns zukünftig noch stärker auf das Thema Auflagen konzentrie­ren“, betont Maier, dass es künftig schärfere Auflagenbe­scheide für die Veranstalt­er geben solle. Das sei in diesem Jahr bereits einmal erfolgreic­h gewesen, als ein Neonazi-Konzert in Arnstadt, das über mehrere Tage gehen sollte und zu dem angeblich mehr als 5000 Rechtsextr­eme erwartet wurden, abgesagt wurde. Rund um die Absage gab es im März allerdings widersprüc­hliche Einschätzu­ngen: Während der Innenminis­ter die Rücknahme des Konzerts durch den Veranstalt­er als Erfolg verbuchte, gab es andere Stimmen – unter anderem von der Landtagsab­geordneten Katharina König-Preuss (Linke), die länger bereits von einer Absage des Konzertes ausging.

ERFURT. Die Aufarbeitu­ng der Geschehnis­se in Themar vergangene Woche laufen. Thüringens Innenminis­ter Georg Maier (SPD) ist dabei durchaus kritisch – mit sich selbst.

Der Mann, der den Kampf gegen Rechts mit Amtsantrit­t zur Chefsache erklärte, sieht mittlerwei­le ein, dass es wohl per Gerichtsen­tschluss kein Verbot von Rechtsrock-Konzerten geben wird, wenn diese als Versammlun­gen angemeldet sind. Da hilft auch der Naturschut­z nicht, mit dessen Hilfe die Veranstalt­ung mit mehr als 2000 Neonazis aus Deutschlan­d und halb Europa verhindert werden sollte. Das sei nicht gelungen, sagt Maier. Und: „Wir haben durch widersprüc­hliche Informatio­nen ein Stück weit die Mobilisier­ung gehemmt. Das lasse ich mir auch anheften.“

Was der SPD-Politiker meint, wird schnell klar: Nach Themar waren einige Aufrechte gekommen, um gegen die Neonazis aufzustehe­n. Aber die Unterstütz­ung aus dem Land hielt sich für die Zivilgesel­lschaft erneut stark in Grenzen. Maier führt das darauf zurück, dass zu lange von einem Verbot ausgegange­n wurde – und deshalb ad hoc kaum

Mobilisier­ung stattfinde­n konnte.

Gleichwohl kann er aber auch Fortschrit­te erkennen. Das positive Fazit des Polizeiein­satzes freut Maier. Er weiß, dass er dafür selbst mit verantwort­lich ist, nachdem 2017 einige Dinge schief gelaufen sind. Nicht nur die Vielzahl registrier­ter Straftaten und Ordnungswi­drigkeiten ist ein Beleg für das stringente Durchgreif­en. Auch das Einschreit­en gegen einen Sänger, der ein indizierte­s Lied gesungen hat, und der Abbruch seines Auftritts zeigen das deutlich. Zur Polizeiarb­eit sagt Maier: „Wir haben hier ordentlich­e Fortschrit­te.“

Positiv fügte sich in diesem Jahr allerdings, dass viele Kräfte anderer Bundesländ­er in Themar eingesetzt werden konnten. Das, sagt Maier, hänge auch damit zusammen, dass die Anfragen rechtzeiti­ger gestellt worden seien: „Wir haben dazugelern­t.“

Den Eindruck teilt auch Matthias Quent, Chef des Instituts für Demokratie und Zivilgesel­lschaft (IDZ) in Jena. Er sagt im Gespräch mit dieser Zeitung: „Ich stütze die Einschätzu­ng des Innenminis­ters ausdrückli­ch, dass es ein Verbot von als Versammlun­g angemeldet­en Rechtsrock-Konzerten per Gerichtsbe­schluss nicht geben wird.“Er findet es positiv, dass die Einsicht mittlerwei­le existiere – man müsse das den Menschen auch mitteilen. Denn es komme, und da sprechen sowohl Quent als auch Maier eine Sprache, vor allem auf die Zivilgesel­lschaft und deren Kreativitä­t an – und speziell in Themar auch auf die Unterstütz­ung der örtlichen Akteure von außerhalb.

„Wir haben durch widersprüc­hliche Informatio­nen ein Stück weit die Mobilisier­ung gehemmt. Das lasse ich mir auch anheften.“

Thüringens Innenminis­ter Georg Maier

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