Thüringische Landeszeitung (Jena)
Der Volksaufstand von 1953 und die Folgen
Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 ging aus dem Protest von Arbeitern gegen die von der SED beschlossenen Erhöhungen der Arbeitsnormen hervor. Nach ersten Streiks und Demonstrationen an den beiden Vortagen im Ostteil Berlins beteiligten sich am 17. Juni bis zu 1,5 Millionen Menschen in mehr als
700 Städten und Gemeinden fast aller DDR-Bezirke an den Protestaktionen.
Dabei wurden neben der Rücknahme der Normerhöhungen und einer Verbesserung der Lebensbedingungen auch der Rücktritt der Regierung, freie und geheime Wahlen sowie die deutsche Wiedervereinigung gefordert. Zum Forderungskatalog gehörte zudem
Straffreiheit für alle Streikenden und ihre Sprecher. Hintergrund des Volksaufstandes war auch der verschärfte
Aufbau des Sozialismus, den die Einheitspartei SED seit Anfang der 1950er-Jahre propagierte.
In der Folge wurden Bauern zwangskollektiviert, mittelständische Unternehmen enteignet, und das Regime blies zur Hetzjagd auf Kirchen und Junge Gemeinden. Die Erhöhung der Arbeitsnormen und die damit verbundenen Lohneinbußen von bis zu zehn Prozent brachten schließlich das Fass zum Überlaufen.
In vielen Orten wurden besonders Gebäude der SED und der Volkspolizei gestürmt und verwüstet. Mehr als 1000 Gefangene kamen bei der Erstürmung von Gefängnissen frei. An anderen Stellen kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Da den DDR-Behörden die Kontrolle verloren zu gehen drohte, rückten in Ost-Berlin und anderen Städten sowjetische Militäreinheiten gegen die aufgebrachten Menschen vor und schlugen den Aufstand nieder. Dabei kamen mindestens 55 Menschen ums Leben, Hunderte wurden verletzt.
An den Folgetagen wurden bis zu 15 000 Demonstranten und Mitglieder von Streikkomitees verhaftet. Trotz Verhängung des Ausnahmezustandes kam es noch bis Anfang Juli in mehreren Betrieben zu Streiks und Protesten.
Die Bundesrepublik Deutschland beschloss damals nur wenige Wochen später, den 17. Juni zum „Tag der Deutschen Einheit“und damit zum Feiertag im Westen zu erklären. (epd)