Thüringische Landeszeitung (Jena)
Anknüpfen an das Lutherjahr
Der „Hanfried“auf dem Markt in Jena hält ein Buch mit einer Inschrift aus Psalm 121: „Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat“. Das Reformationsfestjahr 2017 in unserer Stadt atmete etwas von diesem bewegenden biblischreformatorischen Geist. Museum, Musik, Kunst, Kirchentag, Restaurierung der Karmelitenklosterruine, wo im 16. Jahrhundert die Lutherschriften gedruckt wurden – ob etwas bleiben wird über ein paar sanierte Gebäude und historische Schriften hinaus? An einige Punkte können wir anknüpfen. Ganz oben: Wir haben das Reformationsjubiläum erstmalig nicht kontrovers, sondern in ökumenischer Verbundenheit begangen, auch hier in Jena. Der Vorschlag, statt eines Lutherfestes ein gemeinsames „Christusfest“zu begehen, kam von dem Magdeburger katholischen Bischof Gerhard Feige. Wir haben dieses Fest in neuen Gottesdienstformen gefeiert. Stark die multimediale ökumenische Messe der Musikund Kunstschule oder der Gottesdienst „andernorts“im Planetarium unterm Sternenhimmel. „Gott, was ist der Mensch, dass Du seiner gedenkst?“(Psalm 8)
Als Kirche haben wir neue oder vergessene Begegnungsformen erprobt, Tischgesellschaften auf Straßen, Bibeltheater auf dem Markt. An der Bodenintarsie „Engel der Kulturen“am Johannistor findet jetzt jährlich das Friedensgebet der Religionen statt. Wo Kirche nach „draußen“ging, weckte sie auch Interesse an Glaubensthemen bei eher kirchenfernen Menschen. Vor 30 Jahren, in der DDR mit ihrem weltanschaulichen Totalitätsanspruch, wäre es nicht möglich gewesen, dass Stadt, Universität und Kirche ein solches Jahrhundertdatum gemeinsam gestalten. Unter dem Motto der Gretchenfrage „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“entspannen sich in den Rosensälen, im Theaterhaus und auf dem Markt Dialoge zwischen Christen und Kirchenkritikern über Vergnügen und Ungenügen vor Gott, Widerstand damals und heute, darüber, wie der Mensch den Herausforderungen der Zukunft genügen kann.
Der heute bundesweit begangene „Tag der offenen Gesellschaft“mit vielen Aktionen für Demokratie, Gastfreundschaft, Vielfalt und Freiheit lebt auch von Glaubensimpulsen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Mut und Kraft dafür kommen von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.