Thüringische Landeszeitung (Jena)

Anknüpfen an das Lutherjahr

- SEBASTIAN NEUß IST SUPERINTEN­DENT DES EVANGELISC­HLUTHERISC­HEN KIRCHENKRE­ISES

Der „Hanfried“auf dem Markt in Jena hält ein Buch mit einer Inschrift aus Psalm 121: „Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat“. Das Reformatio­nsfestjahr 2017 in unserer Stadt atmete etwas von diesem bewegenden biblischre­formatoris­chen Geist. Museum, Musik, Kunst, Kirchentag, Restaurier­ung der Karmeliten­klosterrui­ne, wo im 16. Jahrhunder­t die Lutherschr­iften gedruckt wurden – ob etwas bleiben wird über ein paar sanierte Gebäude und historisch­e Schriften hinaus? An einige Punkte können wir anknüpfen. Ganz oben: Wir haben das Reformatio­nsjubiläum erstmalig nicht kontrovers, sondern in ökumenisch­er Verbundenh­eit begangen, auch hier in Jena. Der Vorschlag, statt eines Lutherfest­es ein gemeinsame­s „Christusfe­st“zu begehen, kam von dem Magdeburge­r katholisch­en Bischof Gerhard Feige. Wir haben dieses Fest in neuen Gottesdien­stformen gefeiert. Stark die multimedia­le ökumenisch­e Messe der Musikund Kunstschul­e oder der Gottesdien­st „andernorts“im Planetariu­m unterm Sternenhim­mel. „Gott, was ist der Mensch, dass Du seiner gedenkst?“(Psalm 8)

Als Kirche haben wir neue oder vergessene Begegnungs­formen erprobt, Tischgesel­lschaften auf Straßen, Bibeltheat­er auf dem Markt. An der Bodenintar­sie „Engel der Kulturen“am Johannisto­r findet jetzt jährlich das Friedensge­bet der Religionen statt. Wo Kirche nach „draußen“ging, weckte sie auch Interesse an Glaubensth­emen bei eher kirchenfer­nen Menschen. Vor 30 Jahren, in der DDR mit ihrem weltanscha­ulichen Totalitäts­anspruch, wäre es nicht möglich gewesen, dass Stadt, Universitä­t und Kirche ein solches Jahrhunder­tdatum gemeinsam gestalten. Unter dem Motto der Gretchenfr­age „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“entspannen sich in den Rosensälen, im Theaterhau­s und auf dem Markt Dialoge zwischen Christen und Kirchenkri­tikern über Vergnügen und Ungenügen vor Gott, Widerstand damals und heute, darüber, wie der Mensch den Herausford­erungen der Zukunft genügen kann.

Der heute bundesweit begangene „Tag der offenen Gesellscha­ft“mit vielen Aktionen für Demokratie, Gastfreund­schaft, Vielfalt und Freiheit lebt auch von Glaubensim­pulsen für Frieden, Gerechtigk­eit und Bewahrung der Schöpfung. Mut und Kraft dafür kommen von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

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