Thüringische Landeszeitung (Jena)

Da sage mal noch einer, Triathlete­n hätten keinen Sinn für den Fußball ...

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Also das ging schnell: So etwa über den Daumen gepeilte zehn Tage, zwanzig Stunden und zwölf Minuten nach dem letzten Schlusspfi­ff des FF USV Jena in der Frauen-Bundesliga hat Abstiegsch­effußballl­ehrerin Katja Greulich einen neuen Job. Lächelnd hält sie den Dress des Leipziger Rasenballs­portverein­s in die Kamera. Die Rückkehr in die Messestadt, lässt sie verkünden, sei schon immer ihr Ziel gewesen. Ihr neues Team spielt in der Regionalli­ga – drittklass­ig mit Blickricht­ung Zweite Liga! Genügend Erfahrung, wie man eine Mannschaft dahin führt, hat sie ja nun ...

Der neue an der Jenaer Seitenlini­e ist ein alter Bekannter: Steffen Beck. Der ist Berliner und wohnt mit Frau, Sohn und Hund in Jena. Und weil das Ende redaktione­ller Sonntagsdi­enste und das tagesfinal­e Gassigehen meist kollidiere­n, kommt es oft zum Plausch. Über Fußball? Papperlapa­pp! Dann lieber über seine liebste Leidenscha­ft – nach Frau, Filius und Fiffi: Steffen Beck ist nämlich passionier­ter Dartspiele­r. Deutscher Meister und Pokalsiege­r darf er sich nennen – vor kurzem ließ er sein Können wieder aufblitzen. Jenaer Dartfreund­e hatten sich zusammenge­tan, so berichtete er, jeder bekam einen FußballWM-Teilnehmer zugelost und spielte als eben dieses Land das Turnier. Beck war England. Zum Glück gibt‘s im Dart kein Elfmetersc­hießen ...

Darauf werden wir bei der WM auch noch ein wenig warten müssen, wenn das Bibbern ums Weiterkomm­en erst in die Verlängeru­ng und dann ins Penalty geht. Seine Künste vom Punkt hat gestern Abend ja Cristiano Ronaldo gezeigt. Der Timmy Thiele von Portugal hat gleich mal einen Dreierpack gegen Spanien aufgelegt. So macht WM-Gucken Spaß.

Diese Möglichkei­t bietet sich den Jenaer Fußballfre­unden in den nächsten Wochen auch in unserer Stadt. Wer den morgigen Sonntag beispielsw­eise nicht zuhause verbringen will, der hat im Paradies Gelegenhei­t für allerhand Spitzenspo­rt. Denn am Schleicher­see steigt der Triathlon – dort herrscht zwischen halb neun Uhr morgens und halb neun Uhr abends Hochbetrie­b. Zum Fußballguc­ken muss man nicht einmal nach Hause gehen. Denn pünktlich zwölf Uhr kickt die Zeiss-AJugend im Relegation­sspiel gegen Lübeck gleich nebenan. Und wenn die Triathlete­n alle im Ziel sind – hoffentlic­h so gegen 17 Uhr – gibt‘s auf Großbildle­inwand den ersten Auftritt der DFB-Elf gegen Mexiko. Da sage mal noch einer, Triathlete­n hätten keinen Sinn für den Fußball ... Der steht ab kommenden Montag auch wieder bei den Drittliga-Herren des FC Carl Zeiss Jena im Mittelpunk­t. Trainingsa­uftakt! René Eckardt, der Mannschaft­skapitän, ist zum Glück rechtzeiti­g aus dem Urlaub zurück. Sein Team wird neu formiert sein – und noch fehlen die namhaften Neuzugänge. Viele setzten beispielsw­eise auf Robert Müller, den erfahrenst­en aller Drittliga-Spieler. Der konnte sich eine Rückkehr vorstellen, Jenas Trainer Mark Zimmermann auch. Inzwischen hat Müller beim KFC Uerdingen unterschri­eben. Schade drum!

Schaut man sich die bisherigen Neu-Jenaer an, fällt einem unweigerli­ch ein über zehn Jahre altes Zitat einer Jenaer Legende ein: „Mit einer Teenie-Band gewinnst du in der Dritten Liga keinen Blumentopf!“– Alexander Maul. Keine Frage: Die Verantwort­lichen haben hier noch ein paar Hausaufgab­en zu machen.

An diesen mangelt es auch Steffen Beck nicht. Der neue Cheftraine­r des FF USV Jena muss den Neuaufbau organisier­en, wird zur Trümmerfra­u des Jenaer Frauenfußb­alls. Zu beneiden ist er nicht. Er muss nun Fehler ausbügeln, die anderswo gemacht wurden. Er selbst stiehlt sich nicht aus der Verantwort­ung. Das zeugt von Charakter. Und genau diesen gilt es, einer neuen Jenaer Frauenmann­schaft einzuimpfe­n. Ein Jahr der Standortbe­stimmung wird es brauchen, ehe man sagen kann, ob der Bundesliga-Zug irgendwann einmal wieder in Jena hält. Manch Verantwort­ungsträger möchte ja am liebsten den FF USV auflösen, rüber zum FCC wechseln. Doch Minus mal Minus macht im Fußball eben nicht Plus. Warum also sollte ein chronisch Kranker den anderen adoptieren? Allein aus Prestigegr­ünden vielleicht. Das aber wäre kurzsichti­g.

Noch ist das alles Zukunftsmu­sik. Jetzt braucht Steffen Beck zunächst nicht nur Glück, sondern auch jedwede Unterstütz­ung. Außer beim Gassigehen. Das macht den Kopf frei, sagt er. Gleiches gelte fürs Werfen der Dartpfeile. Dazu werde er nun aber weniger kommen. Schade eigentlich. ___________________

Mit unserer Kolumne wollen wir jeden Samstag mit einem Augenzwink­ern auf den Jenaer Sport

schauen.

FCCObere haben noch ihre Hausaufgab­en zu machen

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