Thüringische Landeszeitung (Jena)
Umstrittene Gebühren vor dem Aus
Ab 2019 keine Ausbaubeiträge mehr
ERFURT. Die rot-rot-grüne Landesregierung will die Straßenausbaubeiträge in Thüringen abschaffen. Das Kabinett verständigte sich gemeinsam mit den Spitzen der Koalition darauf, eine erneute Änderung des Kommunalabgabengesetzes auf den Weg zu bringen. Sie soll rückwirkend zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) räumte ein, dass noch viele offene rechtliche Fragen existierten, auf die bis Mitte Januar 2019 ein Rechtsgutachten Antworten liefern solle. Die Botschaft aber sei: „Wir wollen abschaffen.“Gleichzeitig betonte Ramelow, dass eine Rückwirkung vor dem 1. Januar 2019 ausgeschlossen sei. Alle bis dahin ausgefertigten Bescheide behielten ihre Gültigkeit. Der Regierungschef kündigte an, auch die CDU in das Gesetzgebungsverfahren einbinden zu wollen. Die Koalitionsfraktionen von Linke, SPD und Grüne würden die größte Oppositionsfraktion rasch zu Gesprächen einladen, sagte er.
Die CDU-Landtagsfraktion zeigte sich offen für Gespräche, übte aber Kritik im Detail. Der Abgeordnete Raymond Walk beklagte, dass die im vergangenen Jahr beschlossene Reform dennoch zunächst gelten soll. Dies werde „Unfrieden in Dörfer und Städte“tragen, sagte er.
Die Koalition hatte 2017 das Gesetz geändert. Danach können ausschließlich wohlhabende Gemeinden auf das Eintreiben der Beiträge verzichten. Diese Regelung tritt zum 1. Januar 2019 in Kraft – ist aber laut einem Gutachten des Gemeindeund Städtebundes verfassungswidrig, da sie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße. Die Landesregierung will zudem mit dem Gemeindeund Städtebund über ein Moratorium verhandeln. Laut einer Mitteilung der Staatskanzlei ist dessen Ziel, dass die Kommunen „für den Zeitraum des Gesetzgebungsverfahrens von der Erhebung der Straßenausbaubeiträge“absehen.
Die Kommunen sollen für die Einnahmeausfälle entschädigt werden. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) teilte mit, dass dafür im Entwurf des Landeshaushalts 2020 Vorsorge getroffen werde. Dabei soll der jährliche Durchschnitt aus den Einnahmen der Kommunen im abgelaufenen Jahrzehnt gebildet werden. Eine Summe wollte Tiefensee aber nicht nennen. Nach Informationen dieser Zeitung geht man in der Koalition von einer Belastung des Landeshaushalts zwischen 20 und 30 Millionen Euro pro Jahr aus.