Thüringische Landeszeitung (Jena)
Weniger Firmen melden Insolvenz an
Die Zahl der Pleiten geht zurück – Experten sehen aber Automobilzulieferindustrie vor großen Herausforderungen
ERFURT. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres entschieden die Thüringer Amtsgerichte über 1455 Insolvenzverfahren. Das waren laut Landesamt für Statistik 80 Verfahren weniger als im Vorjahreszeitrum, ein Rückgang um fünf Prozent. Es entfielen 13,5 Prozent auf Firmen und 86,5 Prozent auf Privatpersonen oder Nachlässe.
„Die Insolvenzzahlen in Thüringen gehen, dem Bundestrend folgend, sowohl bei den Firmen als auch den Privatpersonen leicht zurück, was vor allem mit der guten Konjunktur und dem guten Arbeitsmarkt, aber auch mit den unnatürlich niedrigen Zinsen zusammenhängt“, bestätigt Rechtsanwalt Marcello Di Stefano, Vize-Vorsitzender des Thüringer Vereins für Insolvenzrecht und Sanierung, der heute zum 6. Insolvenzrechtstag in Erfurt einlädt. Allerdings gebe es nach wie vor zahlreiche Insolvenzen und es gelinge häufig, gestrauchelte Unternehmen mit dem Instrumentarium der Insolvenzordnung zu sanieren und damit Vermögenswerte und Arbeitsplätze zu erhalten. Im Auge behalten sollte man laut Di Stefano – er ist auch geschäftsführender Gesellschafter der Erfurter Sozietät Reinhardt & Kollegen Rechtsanwälte & Insolvenzverwalter GmbH – aber den in Thüringen bedeutenden Automotive-Bereich, der derzeit bekanntlich von besonderen Problematiken geprägt ist. „Ich spreche da nur die Dieselkrise und die Herausforderungen durch den Trend zur Elektromobilität an. Vor dem Hintergrund der in der Branche eher geringen Margen und der wachsenden Schwierigkeiten, geeignetes, also qualifiziertes, Personal zu finden, stehen die Verantwortlichen vor großen Herausforderungen“, warnte der Anwalt. Auch der bevorstehende Brexit wird sich seiner Meinung nach auswirken, wie stark ist noch nicht abzusehen. Dagegen hätte ein – von Experten befürchteter Börsencrash erhebliche Folgen. „Ein Börsencrash und die damit verbundene Finanzkrise würden sich in vielfältiger Hinsicht negativ auf die Unternehmen auswirken, so insbesondere auf die Auftragslage, die Margen und auch die Unternehmensfinanzierung“, so Di Stefano. Dies würde, so wie beim letzten Crash, zu einer deutlichen Erhöhung der Insolvenzen auch in Thüringen führen. „So weit muss man aber gar nicht gehen. Bereits eine spürbare Erhöhung des derzeit künstlich auf Niedrigniveau gehaltenen Leitzinses, welche früher oder später kommen muss, wird sich bemerkbar machen“, so der Insolvenzexperte. Das hätte seiner Meinung nach aber „auch einen Bereinigungseffekt“.