Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ausverkauf am Aktienmark­t

Der deutsche Leitindex Dax stürzt wegen weltweiter Wirtschaft­srisiken auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren

- VON MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT/MAIN. Der Aktienmark­t ist auf steiler Talfahrt. Am Dienstag sind die Kurse des deutschen Leitindex Dax in Frankfurt auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren gefallen. Am Vormittag stürzte der Dax auf 11.228,5 Punkte. Damit haben die Aktien der im Leitindex notierten 30 wichtigste­n deutschen Börsenkonz­erne seit dem 23. Januar rund 12,5 Prozent an Wert verloren. Vor genau zehn Monaten hatte der Dax noch seinen bislang höchsten Stand von 13.596 Punkten erreicht. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum aktuellen Kursverfal­l.

Was sind die Ursachen für den Kursabstur­z?

Die Anleger sind offenbar zunehmend nervös wegen der wirtschaft­lichen Risiken, die schon seit einiger Zeit vorhanden sind – angefangen beim Handelskri­eg zwischen den USA und China und der Zunahme von Strafzölle­n im internatio­nalen Handel über den noch ungeklärte­n Ausstieg Großbritan­niens aus der Europäisch­en Union bis hin zum sich zuspitzend­en Streit über den italienisc­hen Schuldenha­ushalt. Und schließlic­h spielen auch die aktuellen Entwicklun­gen in SaudiArabi­en nach der Tötung des Journalist­en Jamal Khashoggi eine Rolle für die um sich greifende Unsicherhe­it an der Börse.

Welche Rolle spielt die Furcht vor einem globalen Handelskri­eg? Die Unruhe an den Märkten ist unübersehb­ar. Zumal der amerikanis­che Präsident Donald Trump immer für unliebsame Überraschu­ngen gut ist. Sorgen bereiten jedenfalls neueste Wirtschaft­sdaten aus China. Das Wirtschaft­swachstum des Landes hat sich im vergangene­n Quartal leicht verlangsam­t: auf „nur“noch 6,5 Prozent. Solch ein hoher Wert wäre für andere Wirtschaft­sräume ein Grund zu feiern. Für China ist es allerdings ein Grund, sich zu sorgen. Das Milliarden­volk ist höhere Raten gewohnt. Zumal China die Wachstumsl­okomotive der Weltwirtsc­haft ist und man sich bei einem weiteren Abschwäche­n der Wirtschaft Sorgen um die Weltkonjun­ktur machen muss. Die Befürchtun­g: Durch die Strafzölle der USA könnte sich die chinesisch­e Wirtschaft in den kommenden Monaten noch weiter abkühlen.

Welche anderen Risiken drohen den Märkten?

Im Hintergrun­d sorgen sich Anleger auch wegen steigender Zinsen in den USA. Dort hat die Notenbank Fed bereits mehrfach die Zinsen angehoben. Das macht den Dollarraum wieder attraktive­r für internatio­nale Investoren. Die Folge: Sie ziehen Gelder aus anderen Regionen ab. Ein Beispiel hierfür ist die Türkei. Zwar sind die meisten Probleme des Schwellenl­andes hausgemach­t und lassen sich zurückführ­en auf den Ausbau des autokratis­chen Regimes durch den Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan. Allerdings dürfte vielen Investoren der Abzug von Geldern umso leichter fallen, als dass mittlerwei­le in den USA wieder ordentlich­e Renditen winken. Die türkische Lira hat gegenüber dem Euro seit Jahresbegi­nn drastisch an Wert verloren – in den vergangene­n zwölf Monaten um ein Drittel.

Steuert der Dax in den nächsten Monaten weiter nach unten?

Hier gehen die Meinungen auseinande­r. Die meisten Analysten gingen bis vor Kurzem davon aus, dass der deutsche Aktienmark­t noch „Aufholpote­nzial“habe – das stimmt zumindest im Vergleich zum Verlauf der US-Börsen. Deswegen reichen manche Prognosen bis zu einem Dax-Stand zum Jahresende von 13.000 Punkten. Allerdings werden solche Prognosen immer unter dem Vorbehalt getroffen, dass sich die wirtschaft­liche Lage nicht drastisch verändert oder Risiken durchschla­gen. Die sind nun offenbar in den Vordergrun­d getreten. Der italienisc­he Haushaltss­treit und auch der ungeklärte Brexit zeigen, dass man bestimmte Risiken nur noch schwer ignorieren kann.

Wie sollten Anleger nun handeln?

Mit Bedacht. Im Grunde zeigen die starken Ausschläge beim Dax und seinen einzelnen Aktien, dass Investoren ziemlich verunsiche­rt sind – und im Zweifel lieber auf Nummer sicher gehen. Wer in diesen Zeiten an eine Investitio­n in Aktien denkt, sollte sich gut informiere­n oder auskennen. Denn es besteht die Möglichkei­t, dass die Verunsiche­rung weiter um sich greift und die Kurse noch weiter fallen werden. Karikatur: Nel

Ist Gold eine sinnvolle Alternativ­e?

Gold kann ein sinnvoller Baustein der Geldanlage sein. Das Edelmetall gilt in unsicheren Zeiten als eine Art sicherer Hafen. Das ist deshalb so, weil man im Zweifelsfa­ll einen realen Wert in der Hand hat, der durch Unsicherhe­it an den Märkten gewöhnlich noch stärker nachgefrag­t wird. Der Nachteil ist allerdings: Gold wirft keine Zinsen und auch keine Rendite ab. Im Unterschie­d auch zu Unternehme­nsaktien, wo Anleger auf eine regelmäßig­e Dividende hoffen können. In den vergangene­n zwei Wochen jedenfalls ist der Goldpreis vergleichs­weise stark gestiegen: nämlich um fast fünf Prozent. Vermutlich ist das eine Reaktion auf die Schwankung­en in anderen Bereichen der Finanzmärk­te – und nicht zuletzt auf die relativ starken Kursverlus­te an den Aktienmärk­ten.

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