Thüringische Landeszeitung (Jena)

Brüssel weist Rom in die Schranken

EU lehnt Italiens Haushaltsp­lan ab

- VON CHRISTIAN KERL

STRAßBURG. Der Konflikt um die italienisc­hen Schuldenpl­äne spitzt sich zu: Die EU-Kommission hat am Dienstag wie erwartet den Haushaltse­ntwurf der italienisc­hen Regierung für 2019 zurückgewi­esen und Nachbesser­ungen innerhalb der nächsten drei Wochen gefordert. Es ist das erste Mal, dass Brüssel auf diese Weise in die Etatpläne eines Eurozonen-Mitglieds eingreift.

Der Grund ist die Absicht der italienisc­hen Regierung, die Neuverschu­ldung 2019 auf 2,4 Prozent der nationalen Wirtschaft­sleistung anzuheben. Das wäre dreimal so viel wie Rom mit der Kommission vereinbart hatte, um Italiens Schuldenbe­rg abzubauen. Die Kommission rügte einerseits, dass die Pläne nicht den Vorgaben des Stabilität­spaktes entspräche­n. Zudem beklagte Kommission­s-Vizepräsid­ent Valdis Dombrovski­s, dass Italiens Regierung offen und gezielt frühere Zusagen breche.

Die Kommission versichert­e aber, die Tür zu einem „konstrukti­ven Dialog“bleibe offen. Die Behörde hofft, Italien werde einlenken und das Defizit verringern. Als mögliche Kompromiss­e gelten zudem eine Verpflicht­ung auf einen zügigen Schuldenab­bau in den nächsten Jahren und eine Verwendung der finanziell­en Spielräume für Investitio­nen statt für sozialpoli­tische Programme. Aus Rom kommen dazu allerdings unterschie­dliche Signale: Während Ministerpr­äsident Guiseppe Conte Gesprächsb­ereitschaf­t bekundet und ein geringeres Defizit als Option sieht, schloss Vizepremie­r Matteo Salvini Korrekture­n aus.

2017 hat Italien so viel für seinen Schuldendi­enst gezahlt wie für Bildung. Der Schuldenbe­rg liegt bei 2,3 Billionen Euro. Sollte Italien nicht einlenken, wird die EU-Kommission sehr wahrschein­lich in einem nächsten Schritt ein förmliches Defizitver­fahren einleiten. An dessen Ende könnte eine Milliarden­strafe oder der Entzug von Fördergeld­ern stehen.

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