Thüringische Landeszeitung (Jena)
Ein schwieriger Freund aus Warschau
Beim Besuch von Präsident Duda in Berlin betont Bundespräsident Steinmeier, die Partnerschaft zu Polen halte auch Konflikte aus
BERLIN. Der polnische Präsident Andrzej Duda scheint nach dem ersten Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gewillt zu sein, so viele Pflöcke wie möglich einzuschlagen. Zu Beginn der Pressekonferenz trägt er ein wenig überraschendes Nein zur Erweiterung der Gas-Pipeline Nord Stream 2 vor, aus Warschaus Sicht ein deutsch-europäischer Sündenfall zugunsten Russlands. Beifall klatscht Duda USPräsident Trump, der den Abrüstungsvertrag INF aufkündigen will, den die Russen „systematisch“verletzten, wie der Gast ausführt.
Dann verpasst er dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einen Seitenhieb. Die Richter hätten ausgerechnet am Freitag vor den polnischen Kommunalwahlen die Anordnung verfügt, dass die von der rechtskonservativen PiS-Regierung zwangspensionierten Obersten Richter in ihre Ämter zurückkehren müssen. Geschadet hat die EuGHGrätsche der PiS offenbar nicht. Schätzungen zufolge wählten 33 Prozent der Polen die Partei von Jaroslaw Kaczynski.
Während Duda, der in Berlin auch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammentraf, seine Agenda abarbeitet, ist Steinmeier in der Rolle des Zuhörers gefangen. Im Juni war er in Warschau. Nun folgt der Gegenbesuch Dudas. Polen feiert in diesem Jahr den 100. Geburtstag der Unabhängigkeit, die das Land 1918 nach 123 Jahren Teilung und Besatzung durch Preußen, Österreich-Ungarn und Russland errang. Im nächsten Jahr jährt sich der deutsche Überfall auf Polen zum 80. Mal, seit dem Aufstand im Warschauer Ghetto werden 75 Jahre vergangen sein. Steinmeier und Duda sind bemüht, die aktuellen Streitigkeiten in diesen Kontext einzubetten und ihnen so eine gewisse Schärfe zu nehmen. Das Verhältnis zu Polen sei so eng, dass es auch Meinungsverschiedenheit aushalte, betont Steinmeier. Um sogleich anzumahnen, dass Deutschland und die gesamte EU ein „demokratisches, proeuropäisches Polen“dringend bräuchten, um Europa aus der Krise zu führen. Worauf Duda erwidert, es gebe keine einzige europakritische Partei in Polen. Bemerkenswert ist, wie moderat der polnische Präsident an dem heiklen Punkt möglicher Reparationsforderungen agiert. Im Raum stehen Summen von bis zu 685 Milliarden Euro, die Polen für Zerstörungen während des Zweiten Weltkrieges zustehen sollen. Duda erklärt nur, dass das polnische Parlament dazu Studien anfertige. Die deutsche Bevölkerung habe seit den 1980er-Jahren sehr viel für die Aussöhnung getan.