Thüringische Landeszeitung (Jena)
Nach dem Mord ein Handschlag
Der saudische Kronprinz empfängt den Sohn des getöteten Journalisten Khashoggi. Der türkische Präsident Erdogan klagt Riad an
ISTANBUL/RIAD. Drei Wochen nach dem gewaltsamen Tod des saudischen Journalisten und Regimekritikers Jamal Khashoggi hat die Führung in Riad enge Familienangehörige des Opfers empfangen. König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman hätten Khashoggis Bruder Sahl und Khashoggis Sohn Salah bei dem Treffen im Palast kondoliert, meldete die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA am Dienstag. Die beiden Familienangehörigen hätten sich für die Beileidsbekundung bedankt. Saudi-Arabien hatte eingeräumt, dass Khashoggi im Istanbuler Konsulat des Landes bei einer Schlägerei getötet worden war. Khashoggis Kinder hatten vor einer Woche eine internationale Untersuchung zu dem Fall gefordert. Ein unabhängiges Team müsse die Umstände zum Verschwinden und die Berichte zur Tötung des Journalisten aufklären, erklärte die Familie.
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan erhöht unterdessen im Fall Khashoggi den Druck auf Saudi-Arabien. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden – „bis hinauf zur höchsten Spitze“, fordert Erdogan. Offenbar eine Anspielung auf den saudischen Kronprinzen. Der „grausame Mord“an Khashoggi sei im Voraus sorgfältig geplant worden. „Dafür haben wir starke Beweise in Händen“, so Präsident Erdogan am Dienstag vor der Parlamentsfraktion seiner Regierungspartei AKP in Ankara. Erdogan widersprach damit der offiziellen Version der saudischen Regierung.
Einige Sicherheitsbeamte und Geheimdienstleute für den Tod des Journalisten verantwortlich zu machen, „reicht weder uns noch der internationalen Gemeinschaft“, sagte Erdogan. Er zweifle aber nicht am Willen des saudischen Königs Salman, die Vorgänge aufzuklären. Auf die mögliche Rolle des Kronprinzen Mohammed bin Salman ging Erdogan nicht ein. Die Türkei werde ihre Ermittlungen fortsetzen, „bis alle Fragen beantwortet sind“, sagte Erdogan. Der Präsident berichtete, dass die Täter türkischen Ermittlern zufolge vor dem Geschehen im Konsulat Örtlichkeiten im Belgrader Forst bei Istanbul und in der Ortschaft Yalova am Marmarameer ausgekundschaftet hätten. Nach türkischen Medienberichten vermuten die Fahnder, dass Khashoggis Leiche an einem dieser beiden Orte „entsorgt“wurde. „Wer hat diese 15 Männer beauftragt? Wo ist die Leiche des Ermordeten? Wir brauchen Antworten“, forderte Erdogan. (geh/GH)