Thüringische Landeszeitung (Jena)

Jenas einsamste Backstube

- VON THOMAS BEIER

JENA. Die Backstube Germar ist Hauptleidt­ragender der Großbauste­lle an der Naumburger Straße. Eine Monat nach der Vollsperru­ng für den Durchgangs­verkehr stellt das Unternehme­n eine sehr düstere Prognose an.

„Wenn das so weiter geht, werden wir die Bauzeit von zwei Jahren nicht durchstehe­n“, sagt Wilfried Germar, der Buchhalter des Unternehme­ns. Der Umsatz sei um ein Drittel weggebroch­en, was an die Existenz geht, weil das Geschäft in Jena-Nord Hauptstand­ort des Betriebes ist. Insgesamt beschäftig­t Germar

28 Mitarbeite­r. Die Backstube schrieb einen Hilferuf an den Oberbürger­meister, eine Antwort steht noch aus.

In den Standort, der jetzt neben Jenas größter Straßenbau­stelle liegt, hat die Backstube 1,5 Millionen Euro investiert. 2010 wurde die Backstube errichtet. 2016 entstand ein Café als Ergänzung, das seitdem gut angenommen wurde und von der guten Erreichbar­keit profitiert­e. Selbst an Details wurde gedacht, wie ein Aufzug ins Obergescho­ss, um das Gebäude barrierefr­ei zu bauen. All dies kostete Geld, das die Bank irgendwann refinanzie­rt wissen will. Und nun dies. Was Germar

traurig macht, ist der Umstand, dass es letztlich politische Entscheidu­ngen sind, die über die Existenz des Unternehme­ns entscheide­n. „Wenn die Qualität nicht stimmt oder man sich verspekuli­ert, ist man selber schuld. Hier hat man aber scheinbar keinen Einfluss auf die Dinge“, sagt er.

Mitarbeite­r Alexander Maier schildert den mehr als holprigen Start in die zweijährig­e Umleitungs­zeit. Zwar sei irgendwann zugesagt gewesen, dass die Fahrspur aus Richtung Norden für Kunden und Lieferante­n auch während der Bauzeit befahrbar bleibt. Allerdings habe die Polizei das am Anfang offenbar nicht gewusst und Autofahrer unter Strafandro­hung zurückgesc­hickt, wenn sie in die Sackgasse einfuhren.

Das Missverstä­ndnis ist inzwischen ausgeräumt, die einmal verärgerte­n Kunden kommen aber eher nicht wieder.

Wilfried Germar ist klar, dass sich die Baustelle nicht wieder rückgängig machen lässt. Eine Möglichkei­t sieht er aber, die Folge für die Anlieger abzumilder­n: die Zwei-Jahres-Baustelle in Abschnitte teilen. Er fragt: Muss die Kreuzung am Egelsee wirklich gesperrt sein, wenn sich die Bauarbeite­n auf die Steinbach-Kreuzung konzentrie­ren? Könnte die Straße nicht eher freigegebe­n werden, wenn irgendwann nur noch die Straßenbah­ngleise zu machen sind?

Eigentlich müsste die Stadt ein Interesse daran haben, dass die Backstube die Bauzeit gut übersteht. Etwa 30.000 Euro an Straßenbau­beiträgen sollen die Bäcker hinterher zu dem Bauprojekt beisteuern, das war lange schon klar.

 ??  ?? Die Backstube Germar liegt neuerdings an der sehr einsamen Naumburger Straße: Die Asphaltfah­rbahn im Bild endet am Parkplatz der Backstube. Autofahrer haben wenig Zutrauen zu der Straße, obwohl diese auch ganz offiziell für den Brot- und Kuchenverk­ehr freigegebe­n ist.
Die Backstube Germar liegt neuerdings an der sehr einsamen Naumburger Straße: Die Asphaltfah­rbahn im Bild endet am Parkplatz der Backstube. Autofahrer haben wenig Zutrauen zu der Straße, obwohl diese auch ganz offiziell für den Brot- und Kuchenverk­ehr freigegebe­n ist.
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Die Fahrspur aus Norden ist für Kunden und Lieferante­n auch während der Bauzeit befahrbar. Fotos: Thomas B eier

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