Thüringische Landeszeitung (Jena)
Jenas einsamste Backstube
JENA. Die Backstube Germar ist Hauptleidtragender der Großbaustelle an der Naumburger Straße. Eine Monat nach der Vollsperrung für den Durchgangsverkehr stellt das Unternehmen eine sehr düstere Prognose an.
„Wenn das so weiter geht, werden wir die Bauzeit von zwei Jahren nicht durchstehen“, sagt Wilfried Germar, der Buchhalter des Unternehmens. Der Umsatz sei um ein Drittel weggebrochen, was an die Existenz geht, weil das Geschäft in Jena-Nord Hauptstandort des Betriebes ist. Insgesamt beschäftigt Germar
28 Mitarbeiter. Die Backstube schrieb einen Hilferuf an den Oberbürgermeister, eine Antwort steht noch aus.
In den Standort, der jetzt neben Jenas größter Straßenbaustelle liegt, hat die Backstube 1,5 Millionen Euro investiert. 2010 wurde die Backstube errichtet. 2016 entstand ein Café als Ergänzung, das seitdem gut angenommen wurde und von der guten Erreichbarkeit profitierte. Selbst an Details wurde gedacht, wie ein Aufzug ins Obergeschoss, um das Gebäude barrierefrei zu bauen. All dies kostete Geld, das die Bank irgendwann refinanziert wissen will. Und nun dies. Was Germar
traurig macht, ist der Umstand, dass es letztlich politische Entscheidungen sind, die über die Existenz des Unternehmens entscheiden. „Wenn die Qualität nicht stimmt oder man sich verspekuliert, ist man selber schuld. Hier hat man aber scheinbar keinen Einfluss auf die Dinge“, sagt er.
Mitarbeiter Alexander Maier schildert den mehr als holprigen Start in die zweijährige Umleitungszeit. Zwar sei irgendwann zugesagt gewesen, dass die Fahrspur aus Richtung Norden für Kunden und Lieferanten auch während der Bauzeit befahrbar bleibt. Allerdings habe die Polizei das am Anfang offenbar nicht gewusst und Autofahrer unter Strafandrohung zurückgeschickt, wenn sie in die Sackgasse einfuhren.
Das Missverständnis ist inzwischen ausgeräumt, die einmal verärgerten Kunden kommen aber eher nicht wieder.
Wilfried Germar ist klar, dass sich die Baustelle nicht wieder rückgängig machen lässt. Eine Möglichkeit sieht er aber, die Folge für die Anlieger abzumildern: die Zwei-Jahres-Baustelle in Abschnitte teilen. Er fragt: Muss die Kreuzung am Egelsee wirklich gesperrt sein, wenn sich die Bauarbeiten auf die Steinbach-Kreuzung konzentrieren? Könnte die Straße nicht eher freigegeben werden, wenn irgendwann nur noch die Straßenbahngleise zu machen sind?
Eigentlich müsste die Stadt ein Interesse daran haben, dass die Backstube die Bauzeit gut übersteht. Etwa 30.000 Euro an Straßenbaubeiträgen sollen die Bäcker hinterher zu dem Bauprojekt beisteuern, das war lange schon klar.