Thüringische Landeszeitung (Jena)
Derbysieger
In der Frauen-Verbandsliga gewinnt der FC Carl Zeiss Jena beim 1. FFV Erfurt mit 1:0
ERFURT. Als nach 96 Minuten der Schlusspfiff ertönt, gibt‘s kein Halten mehr: Mit letzter Kraft wirbelt Nicki Schmidt ihr Trikot durch die Erfurter Luft, Franziska Kreßmann legt den finalen Sprint hin, Janka Ullrich fällt entkräftet um, Anna Becher ballt die Torwarthandschuhfaust, Sarah Köhler schiebt die blutverschmierte Fußballsocke vom lädierten Schienbein, Sabrina Jähler ist nicht nur fix, sondern auch fertig – und Sarah Richter umarmt die ganze Welt. Die Fußballerinnen des FC Carl Zeiss Jena bejubeln den Sieg im Thüringenderby beim 1. FFV Erfurt. Fast 150 Zuschauer sind dabei im Sportpark Johannesplatz, sehen ein 1:0 des FCC, der damit mit nun sieben Punkten Vorsprung bei einem Spiel mehr das Tableau der Verbandsliga anführt. Vor Erfurt.
Die erste Viertelstunde wird zur Abtastphase der beiden Meisterschaftsaspiranten. Stefanie Nehlerts Lupfer verfehlt das Jenaer Tor nur knapp (15.), dann ist Sarah Köhler über die halbrechte Seite durch, setzt sogar noch einen Schuss ab – wird dabei aber gefoult. Elfmeter pfeift Referee Christian Fitzner. Victoria Jähnert tritt an – und Sophie-Marie Jorcke ahnt die Ecke, pariert den eigentlich platzierten Schuss (21.). Fällt der FCC nun ins Tief? Ganz im Gegenteil! Es beginnt die starke Zeit der Zeiss-Damen in diesem Derby. Defensiv haben sie alles im Griff, lassen nichts zu – und setzen nach vorn Akzente. Der Lohn ist die Führung kurz vor dem Seitenwechsel. ene Tor erzielte Nicki Schmidt (li.) für den FCC.
Nicki Schmidt und Victoria Jähnert attackieren nach einem Rückpass auf Jorcke die FFVSchlussfrau.
Schmidt kommt an die Pille und netzt ein (43.). – Pause.
Danach reagieren die Gastgeberinnen, versuchen Ball um Ball in die Gefahrenzone zu bugsieren. Doch gegen Jenas disziplinierte Kriegerinnen ist kaum ein Durchkommen. Und wenn, dann steht da immer noch Torfrau Er sei um zehn Jahre gealtert, sagte ZeissCoach Matthias Zocher () hinterher.
Anna Becher, die Erfurts Stürmerinnen zur Verzweiflung bringt. Katja Groll (58.), Selina Rolle (65.), Lisa Marie Lützelberger (67.) und schlussendlich Dana Behnsen (69.) können mit ihren Schüssen die Jenaer Nummer eins nicht überlisten.
Und je näher das Ende kommt, desto nervöser wird der FFV. Erst in der Schlussviertelstunde kann sich der FC etwas befreien, kommt zu Kontern – und erhält einen zweiten Versuch vom Elfmeterpunkt. Jessica Groß spielt im Laufduell die Kugel mit der Hand, wohl kurz vor der Strafraumgrenze. Der Schiedsrichter zeigt dennoch auf den Punkt. Jetzt schnappt sich Lisa Groß das Streitobjekt, legt es sich parat – und wieder ist Jorcke in der richtigen Ecke, wieder verschossen (84.). An der Seitenlinie versteht FCC-Präsident Klaus Berka die Welt nicht mehr: „Das müssen wir üben!“
Lisa Groß rückt gleich noch einmal in den Fokus: In der fünften Minute der Nachspielzeit lässt sie ihre Gegenspielerin 25 Meter vor dem eigenen Tor über die Klinge springen. Weil sie bereits verwarnt war, geht es mit der Ampelkarte runter. Einen letzten Freistoßball haben die Erfurterinnen also noch. Paula Meyer bringt das Leder lang und weit, aber zu harmlos.
Dann ist‘s endlich vollbracht, dann ertönt der Schlusspfiff. Laura Schmidt hält sich die schmerzende Hüfte, Lisa Groß tänzelt zurück aufs Feld, Julia Hagen strahlt mit Michelle Zipf um die Honigkuchenpferd-Wette, Victoria Jähnert kämpft gegen die Krämpfe – und Josie Putze zieht sich rasch das „Derbysieger-T-Shirt“drüber. Dann stehen sie zusammen im Kreis – Spielerinnen, Trainer, Betreuer, Rekonvaleszenten –, sie singen und hüpfen: „Derbysieger, Derbysieger, hey, hey!“Mit wahrlich letzter Kraft.
Klaus Berka: „Elfmeter müssen wir üben!“