Thüringische Landeszeitung (Jena)
Zweitbestes Reiseziel der Welt
Im neuen „Lonely Planet“-Reiseführer für 2019 steht Deutschland fast ganz vorn. Bauhaus-Jubiläum hervorgehoben
LONDON/BERLIN. Der Zeitpunkt könnte nicht besser gewählt sein: Die Zeichen im Land stehen schon auf November – da kommt ein Blick von außen und bescheinigt Deutschland, im kommenden Jahr eines der besten Reiseziele der Welt zu sein. So steht es im neuen Buch „Best in Travel 2019“des Reiseführeranbieters „Lonely Planet“: Nur Sri Lanka wird von den Autoren noch höher bewertet. Neun Jahre ist es her, dass Deutschland überhaupt auf der Liste auftauchte. Zwei Jubiläen werden als Hauptgründe angeführt: Der Fall der Mauer liegt 30 Jahre zurück – und der 100. Jahrestag der Bauhaus-Gründung steht an. „Ein Jahr lang wird das Jubiläum dieser Geburtshelferin der Moderne – gegründet in Weimar 1919 und nach einer Blütezeit in Dessau von den Nazis 1933 in Berlin faktisch verboten – gefeiert“, erklärt „Lonely Planet“. Innerdeutsche Streitigkeiten – wie der um das vom Bauhaus Dessau abgesagte Konzert der linken Punkband Feine Sahne Fischfilet nach Protestandrohungen von Rechten – spielen da keine Rolle.
Der weltbekannte Reiseführerverlag, der 1973 von Australien aus damit begann, die Kultur des Reisens zu verändern, hat eine lange Liste der deutschen Sehenswürdigkeiten erstellt: Die Hamburger Elbphilharmonie wird als „architektonische Ikone“ebenso empfohlen wie der unter Feierwilligen längst weltweit bekannte Berliner Club Berghain. Touristen-Klassiker wie der Kölner Dom und Schloss Neuschwanstein stehen neben dem Museum Deutsches Auswandererhaus in Bremerhaven und der Zeche Zollverein in Essen auf der Liste. Und mittendrin: Gedenkstätten der NSKonzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen. Deutschland, komplexes Reiseland.
Die Mitbewerber in den Top 10 der Reiseziele 2019 sind auch nicht reinstes Bullerbü: Weißrussland wird ebenso empfohlen wie Kirgistan und Panama. Europa ist zudem auf der Liste der besten Städte 2019 vertreten – mit Kopenhagen, dem serbischen Novi Sad und Zadar in Kroatien auf den Plätzen eins, drei und neun. Auch diese Art von Rankings hat Mitbewerber – beliebt ist beispielsweise das der „New York Times“mit jährlich 52 Orten, die einen Besuch lohnen sollen.
Der erste Reiseführer von „Lonely Planet“erschien unter dem Titel „Across Asia on the Cheap“(Günstig durch Asien). Die Bücher, inzwischen für fast jedes Fleckchen der Erde zu haben, lösten einen Boom zunächst vorwiegend unter jungen Australiern und Europäern aus, als Rucksacktouristen für wenig Geld die Welt zu entdecken. Der Name „Lonely Planet“– einsamer Planet – entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie: Kaum darin erschienen, werden als „authentisch“und „unberührt“angepriesene Orte schnell zum Ziel der Massen. Kritiker beklagen, dass diese Art von Tourismus empfindliche soziale Strukturen in Entwicklungsländern gestört und vielfach eine Abhängigkeit vom Tourismus erst hergestellt habe.
Als Nächstes könnte der Norden von Sri Lanka dran sein: Der sei bislang noch recht unzugänglich gewesen, informiert ein Video zur „Best in Travel 2019“-Liste – schlechte Verkehrswege und kaum Service. Das ändere sich so langsam, wird versprochen. Auch die knapp 200.000 Einwohner des kleinen Inselstaates São Tomé und Príncipe vor der Westküste Afrikas sollten aufhorchen. Dies sei eine „seltene Chance“, einen Ort zu besuchen, von dem andere Reisende noch nicht einmal etwas gehört hätten, sagt „Lonely Planet“. Von leeren Stränden ist da die Rede. Ältere Menschen in Thailand werden sich daran erinnern, was das ist.
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