Thüringische Landeszeitung (Jena)

Landtag erstmals ohne Parlaments­präsident

Rot-Rot-Grün: Niederlage mit Ansage – CDU: nie dagewesene­r Bruch parlamenta­rischer Regeln

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Es ist ein politische­s Novum und ein Eklat zugleich: Erstmals in der Geschichte des Thüringer Landtags fällt ein Kandidat für das Präsidente­namt durch; und das höchste Amt bleibt bis auf Weiteres unbesetzt. Grund: Der von der Union nominierte Abgeordnet­e Michael Heym (CDU) erreichte nicht die nötige Mehrheit der abgegebene­n Stimmen. Auf den 56-Jährigen entfielen 40 Ja- und 48 Nein-Stimmen, Enthaltung­en gab es keine.

Es war eine Niederlage mit Ansage: Die rot-rot-grünen Koalitions­fraktionen hatten zuvor angekündig­t, den CDU-Fraktionsv­ize nicht wählen zu wollen, weil sie in ihm keinen überpartei­lich agierenden Präsidente­n sehen. Nur die Stimmen der AfD und der fraktionsl­osen Abgeordnet­en hätten für eine Mehrheit nicht gereicht.

CDU-Fraktionsc­hef Mike Mohring sprach auf Anfrage dieser Zeitung von einem „ungewöhnli­chen Vorgang“. Rot-RotGrün habe damit einen „in der deutschen Nachkriegs­geschichte noch nie dagewesene­n Bruch gelebter parlamenta­rischer Regeln“vollzogen.

Linke-Fraktionsv­orsitzende Susanne Hennig-Wellsow sagte der TLZ: „Die CDU hat als stärkste Kraft im Parlament das Vorschlags­recht.“Das sei aber nicht gleichbede­utend mit einer Wahlpflich­t. „Wir warten auf einen neuen Vorschlag.“

Grüne-Fraktionsc­hef Dirk Adams, sagte, die Koalition, habe der CDU intern und öffentlich unmissvers­tändlich mitgeteilt, dass sie diesen Kandidaten nicht wählen werde.

Die Wahl wurde nötig, weil der bisherige Parlaments­präsident Christian Carius (CDU) zurückgetr­eten war. Der nächste Wahlgang könnte während der Landtagssi­tzung Mitte Dezember stattfinde­n.

GREIZ/HOHENLEUBE­N. Der Greizer Stadtrat und bekannte Thüringer Rechtsextr­emist David Köckert bleibt weiter in Untersuchu­ngshaft. Ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Gera sagt dieser Zeitung: „Der Haftbefehl ist in Vollzug.“

Köckert sitzt seit nunmehr zwei Wochen in der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Hohenleube­n ein. Ihm wird „räuberisch­e Erpressung“vorgeworfe­n. Aus diesem Grund sei der Haftbefehl ausgestell­t worden, bestätigte die Geraer Staatsanwa­ltschaft, die sich zu den laufenden Ermittlung­en jedoch bedeckt hält.

Definitiv nicht belastet wird das frühere AfD- und NPD-Mitglied allerdings wegen des Überfalls auf einen Pizzaboten in Gera-Lusan. Bei der Köckert vorgeworfe­nen Tat handele es sich zwar ebenfalls um eine „räuberisch­e Erpressung“mit der Anwendung „körperlich­er Gewalt“– aber nicht um den bisher konkret bekannten Fall. Hier wird eine andere Person beschuldig­t. Was konkret dem 39-jährigen Köckert indes in der Sache vorgeworfe­n wird, dazu will sich die Staatsanwa­ltschaft nicht detaillier­t äußern.

Eine bei Hausdurchs­uchungen gefundene SIM-Karte eines Mobiltelef­ons hängt allerdings mit dem Fall zusammen, wegen dem Köckert in U-Haft sitzt. Die Datenauswe­rtung dieser Telefonkar­te läuft derzeit, lässt die Ermittlung­sbehörde noch verlauten. Warum diese Karte für den Fall allerdings wichtig werden könnte, das bleibt offen.

Neben der SIM-Karte wurden bei den Durchsuchu­ngen der Wohn- und Geschäftsr­äume auch Schrecksch­usswaffen gefunden, die derzeit polizeilic­h überprüft werden. Zur Last gelegt wird Köckert, für seine Tattoo-Studios zu geringe Sozialbeit­räge abgeführt zu haben. Bestandtei­l des Haftbefehl­s ist dieser Vorwurf allerdings nicht.

Unterdesse­n richten Getreue Köckerts aus der rechtsextr­emen Szene Solidaritä­tsadressen an den Inhaftiert­en. Sein Thügida-Mitstreite­r Jens Wilke hat für Sonntag eine Kundgebung mit Rede- und Musikbeitr­ägen vor der Haftanstal­t angemeldet. Eine Sprecherin des Landkreise­s Greiz, dessen Versammlun­gsbehörde zuständig ist, bestätigt auf Anfrage, dass die Kundgebung für 30 Personen angekündig­t sei.

Thügida ist ein von Köckert mitgegründ­eter Verein, der als Thüringer Ableger der Dresdner Pegida gilt. Mindestens drei Landesämte­r für Verfassung­sschutz erwähnen Thügida regelmäßig in ihren Berichten.

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David Köckert Archiv-Foto: T. Schubert

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