Thüringische Landeszeitung (Jena)

Das Ende einer Täuschung

Der Jenaer Verein Drudel 11 präsentier­t eine neue Ausstellun­g zum Thema Einstiegs- und Ausstiegsp­rozesse aus der rechtsextr­emen Szene

- VON JÖRDIS BACHMANN

JENA. Christian hat sich einweichen lassen vom braunen Kaffeesatz – er schließt sich dem charismati­schen Thomas an und findet sich wenig später vor einem Asylbewerb­erheim wieder, wo einer seiner neuen „Freunde“einen Ausländer zusammensc­hlägt. Den Kopf dafür hält letztlich Christian hin.

Der Verein Drudel 11 präsentier­te gestern die neue Ausstellun­g „End.Täuschung – Rechtsextr­emismus. Irritation. Ausstieg“. Auf elf Aufsteller­n wird die fiktive Geschichte von Christian erzählt, der in die rechtsextr­eme Szene gerät. Doch Aufmerksam­keit generieren vor allem die elf großformat­igen Bilder – die die Aufsteller dominieren.

Der Jenaer Künstler Enrico Leimer hat sie in den vergangene­n Monaten als Auftragsar­beit für Drudel 11 gemalt – auf braunem, mit Kaffeesatz getränktem Papier. Comicartig, poppig, bunt springen sie den Betrachter an. So farbintens­iv sie wirken, so düster ist ihr transporti­erter Inhalt: Gewalt, Hass, Ausgrenzun­g.

Der Verein Drudel

11, der seit 1993 im Bereich der Schulsozia­larbeit, Delinquenz­Prävention und Ausstiegsh­ilfe aus der Rechtsextr­emen-Szene arbeitet, möchte die elf Aufsteller zukünftig beispielsw­eise an Schulen oder Justizanst­alten kostenlos verleihen.

„Wir haben zehn Schwerpunk­te gesetzt“, sagt Vorstandsv­orsitzende­r Sebastian Jende. „Einstieg in die rechtsextr­eme Szene, Musik, Kleidung, Ideologie und Werte, Erlebniswe­lt, Frauen in der rechtsextr­emen Szene, Tattoos, Gewalt, Irritation­smomente und Ausstieg.“Der elfte Aufsteller zieht die traurige tödliche Bilanz der rechts extremen Szen – hier werden die Namen de Todesopfer durch rechte Ge walt seit den 1990er-Jahren aufgezählt.

Die Geschichte von Christian, die sich durch die Ausstellun­g hindurchzi­eht, wird begleitet von kurzen, informativ­en Texten, in denen die Drudel 11-Mitglieder ihre jahrelange Expertise im Bereich Austiegsar­beit haben einfließen lassen.

Der Kniff der Ausstellun­g, durch den vor alem Jugendlich­e angesproch­en werden: die QRCodes auf den Roll-Ups. Werden ie mit dem Smartphone eingescann­t, gelangt man auf die Internetse­ite von Drudel 11, wo ergänzende Informatio­nen zu finden sind, aber auch eine Audioversi­on der fiktiven Geschichte. Auf diese Weise kann die Ausstellun­g im Internet außerdem weiter wachsen.

„Was hat es mir denn gebracht... Es hat den Körper kaputt gemacht, bin vorbestraf­t, saß zwei Jahre im Knast ... Sinnlos“, so das Zitat eines Aussteiger­s, dass auf einem der Aufsteller zu lesen ist.

Vielleicht kann die Ausstellun­g der erste Schritt sein, um sich herauszulö­sen aus der gewaltbere­iten Szene, vielleicht kann sie zu einem Kontaktpun­kt werden, wenigstens aber kann sie aufklären und vielleicht vor dem Einstieg in die rechtsextr­eme Szene warnen.

• Wer sich für die Ausstellun­g interessie­rt, kann sie kostenfrei für eine Woche ausleihen. Außerdem bietet der Verein einen begleitend­en Workshop an. Kontakt und weitere Informatio­nen erhält man über E-Mail: info@ausstieg-aus-gewalt.de

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