Thüringische Landeszeitung (Jena)
...der Waschlappen
Tausendmal gesehen, tausendmal benutzt – viele Dinge im Haushalt erschienen uns ganz selbstverständlich. Doch es lohnt sich, sie einmal genauer zu betrachten. Das kleine viereckige Stück Frottee oder Baumwolle, das meist so gestaltet ist, dass eine Hand hineinschlüpfen kann, löst wohl bei den meisten Menschen gemischte Gefühle aus. Körperpflege dem Waschlappen in der Badewanne kann schon fast Wellness sein. Die Erinnerung daran, wie einem als Kind von irgendeinem Erwachsenen mit einem rauen Stück Textil im Gesicht herumgefuhrwerkt wurde, ist weniger angenehm.
Tatsächlich ist der Waschlappen seit vielen Jahrhunderten fester Bestandteil der Körperpflege. Im orientalischen Hamam wird der Körper seit jeher mit einem feinen Waschhandschuh abgerieben und eingeseift; in Europa musste der Wert der Körperhygiene nach einer olfaktorisch eher dunklen Phase erst wiederentdeckt werden: Im 16. und 18. Jahrhundert galt Wasser auf der Haut als schädlich, Könige wie Bauern liefen übel riechend durch die Gegend. Erst im 19. Jahrhundert etablierte sich die Waschkommode in den Stuben, und dort kam dann auch der seifige Lappen zum Einsatz.
Bis heute ist er ein praktischer Helfer, sei es auf Reisen oder wenn morgens nur Zeit für Katzenwäsche bleibt – und natürlich in der Altenund Krankenpflege. Dass wir zum Einseifen gemeinhin eher flauschige, nachgiebige Materialien bevorzugen als harte, feste liegt auf der Hand – mag aber auch dazu geführt haben, dass der Waschlappen noch eine zweite Bedeutung hat: So nennt man auch Menschen ohne Rückgrat. (us)