Thüringische Landeszeitung (Jena)
Der König der Hochstapler narrte die Thüringer
Nur wenige Jahre nach dem Untergang der Monarchie huldigten viele Bürger einem falschen Prinzen.
Das Hotel Kossenhaschen (Erfurter Hof) im Spätherbst des Jahres 1926. Im vornehmsten Haus der heutigen Landeshauptstadt quartiert sich ein junger, schmächtiger Mann ein. Er heißt Harry Domela. Er nennt sich Baron von Korff. Geschickt lässt er von einem Vertrauten das Gerücht streuen, der Baron reise inkognito; er sei tatsächlich Enkel des Kaisers. Prompt bittet ihn der Hoteldirektor, sich im Goldenen Buch einzutragen. Artig unterschreibt Domela als „Wilhelm, Prinz von Preußen“.
Binnen Tagen liegen der angeblichen Hoheit die Honoratioren zu Füßen – und dies weit über die Stadtgrenzen hinaus. Bürgermeister bitten Domela, Elektrizitäts- und Wasserwerke zu besichtigen. Eigens für ihn wird eine Jagd organisiert. In Gotha wird Domela eine Theaterloge reserviert. Er kommt zur Vorstellung zu spät. Niemand wagt, vorher den Vorhang zu öffnen. Der Hochstapler wohnt wochenlang in den besten Hotels von Erfurt, Gotha und Eisenach – als Ehrengast.
Im Dezember wird ihm dann doch der Boden zu heiß. Er stiehlt sich von dannen. Binnen Tagen wird Domela zu einem der meistgesuchten Kriminellen der Weimarer Republik. Im Sommer 1927 steht er vor Gericht. Die meisten der Gefoppten stellen keine Anzeige. So muss Domela lediglich sieben Monate in Haft.