Thüringische Landeszeitung (Jena)
Ausverkauf und gütliche Einigungen
1994 wurden die Nachfahren der Fürsten wieder in ihre Besitzstände eingesetzt.
Im Mai 1998 zieht eine Auktion in Gera Hunderte Bieter an. Im Auftrag der Enkelin des 1918 abgedankten Reußischen Fürsten versteigert Christie’s sowohl Möbel als auch Gemälde, Bücher, Keramik, Waffen und Skulpturen. 578 Positionen werden aufgerufen; alles in allem zahlen die Bieter mehr als 5 Millionen Mark. Eine gerissene Kaffeetasse geht für 36 Mark weg, ein klassizistischer Schreibtisch für 672.000 Mark. Das Pikante daran: All diese Gegenstände gehörten zuvor zu den Sammlungen der Geraer Museen. Von einer „historischen Auktion“war deshalb seitens Christie‘s die Rede.
Möglich wurde die Auktion durch das 1994 von der Bundesregierung verabschiedete Ausgleichsleistungsgesetz. Es regelte die Entschädigung von Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone neu. Damit stand den Blaublütigen praktisch ihre gesamte Habe von einst wieder zu – sofern es sich dabei auch tatsächlich um persönliche Besitztümer gehandelt hatte.
In den Folgejahren strengen die Nachfahren der Thüringer Regenten zahlreiche Verfahren an, um auch Immobilien sowie Ländereien zurückzuerhalten. Für weit über Deutschland hinaus wahrgenommene Schlagzeilen sorgt zwischenzeitlich das Haus Sachsen-WeimarEisenach mit der Forderung, die Nachlässe von Goethe und Schiller sowie das Inventar der Wartburg herauszugeben. Erst im Jahre 2003 beschert eine gütliche Einigung zwischen dem Freistaat Thüringen und dem ehemals regierenden Großherzoglichen Haus die erforderliche Rechtssicherheit. Wesentliche Teile des Kunst- und Kulturbesitzes gehen daraufhin in das Vermögen der Klassikstiftung bzw. der Wartburgstiftung über. Der Freistaat Thüringen entschädigt die Familie mit 15,5 Millionen Euro.
Ähnliche gütliche Einigungen wurden auch mit Sachsen-CoburgGotha, mit Sachsen-Weimar und den Reußen abgeschlossen. Der letzte Regent von Sachsen-Altenburg hatte der Stadt bereits 1943 sein Schloss vermacht. Die Schwarzburger Familien wiederum sind seit 1971 im sogenannten Mannesstamm erloschen.