Thüringische Landeszeitung (Jena)
Lebenskonzepte aus dem Bauhaus- Labor
Die neue Schau stellt nicht die Kunst ins Zentrum
WEIMAR. „ Das Bauhaus kommt aus Weimar“, ist die erste Dauerausstellung betitelt; ein Missverständnis wäre es, eine große, großartige Kunst- Schau zu erwarten. Denn mehr als das, was es zeigt – immerhin eine Auswahl von 1000 Exponaten aus einer 13.000 Stücke umfassenden Sammlung – , offenbart das Bauhaus- Museum, wie wenig spektakulär aus kunstästhetischer Sicht der Weimarer Fundus ist. Die prominenten Gemälde der Kandinsky, Klee, Feininger & Co. hängen in den führenden Museen der Welt und sind für die Klassik- Stiftung unerreichbar. Und das eigentliche Erbe des Bauhauses verblieb an dessen letztem Standort, Berlin. Zudem werden aus konservatorischen Gründen Papierarbeiten nur faksimiliert gezeigt. Original sind dagegen die fragilen Teppiche aus der Textilwerkstatt, immer drei von insgesamt 36 im Wechsel.
So setzt die eher soziologisch orientierte Weimarer Schau den Akzent auf die damals wie heute virulente Frage „ Wie wollen wir leben?“stellt Lösungen aus dem Labor Bauhaus vor und untersucht deren Nachwirken bis heute. Die 168 Objekte, die Walter Gropius 1925 in Weimar hinterließ, überdauerten – wohlweislich bis 1955 unausgepackt in Kisten im Stadtschloss – prekäre Zeitläufe und bilden den kostbaren Nukleus der Schau. Im zweiten Obergeschoss werden sie als Gropius’ Erbe inszeniert. Dort gedenkt man auch der beiden anderen Bauhaus- Direktoren, Ludwig Mies van der Rohe und Hannes Meyer. Mies ist mit vorzüglichsten Möbeln aus dem Haus Tugendhat, Brünn, vertreten, der Kommunist Meyer mit Auszügen aus seinem Manifest „ Die neue Welt“von 1926. Vermittlungsarbeit durch „ Bauhaus Agenten“und der Werkstatt- Charakter des Weimarer Hauses bilden im Vergleich zur üblichen musealen Arbeit ungewöhnliche Reize: Hier darf der Besucher selbst Hand anlegen und bauhäusisch werkeln. Das Angebot richtet sich an Klein wie Groß. Die Schau ist thematisch gegliedert. Das Bauhaus- Manifest steht mit dem Wunschbild des „ Neuen Menschen“am Anfang. Hier mag man mit multimedialer Hilfe der brodelnden Fülle an lebensreformerischen Idealen und Ideologien nachspüren.
Unter dem Titel „ Experiment“finden sich die schönsten Exponate: etwa eine Wand mit – unglücklich gehängten – Gemälden, aus denen drei vorzügliche Feininger- Bilder hervorstechen, die grafische Meistermappe von 1923 oder Schlemmers „ Spiel mit Köpfen“, die berühmte Kelersche Wiege und ein Schachspiel. Unter der Rubrik „ Neuer Alltag“wird sinnfällig, wie das Bauhaus das unmittelbare Lebensumfeld des Menschen durchzugestalten versuchte: die Frankfurter Küche als Urbild eines „ Laboratoriums der Hausfrau“( Muche), ein Kinderzimmer mit Multifunktionsschrank von Alma Siedhoff- Buscher oder fürs Wohnzimmer ein Lattenstuhl Marcel Breuers. Die Abteilung „ Bühne“untersucht das Verhältnis von Körper und Raum – etwa anhand des Triadischen Balletts. Eine Klang- Installation „ Rosace“des Weimarer Musikprofessors und Künstlers Robin Minard im Sonderausstellungsraum setzt zumindest einen Kontrast aus heutiger Zeit.