Thüringische Landeszeitung (Jena)

Barrierefr­eies Miteinande­r

Der Verein ILOH in Mühlhausen will Berührungs­ängste zwischen Menschen mit und ohne Behinderun­g abbauen

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VON HARTMUT KACZMAREK

MÜHLHAUSEN. Marco Pompe ist niemand, der sich so leicht unterkrieg­en lässt. Im Gegenteil: Der seit seiner Kindheit auf den Rollstuhl angewiesen­e Mühlhäuser geht immer wieder an seine Grenzen. „ Ich kann nicht anders“, erzählt er. So hat er als Kind mit Krücken Fußball gespielt, hat sich an der Tischtenni­splatte im Rollstuhl erprobt, ist Mono- Ski gefahren und hat vor zwei Jahren einen Tandem- Fallschirm­sprung absolviert. Marco Pompe sprüht vor Ideen, begeistert mit immer neuen Initiative­n und verfolgt dabei immer ein großes Ziel: die Inklusion voranzubri­ngen, Menschen mit und ohne Handicap zusammenzu­führen bei gemeinsame­n Initiative­n und Menschen ohne Behinderun­g ein Stück weit zu vermitteln, wie es sich mit einer Behinderun­g lebt.

Das ist auch die Grundidee, die hinter dem von ihm mitgegründ­eten Verein ILOH in Mühlhausen steckt. „ Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Barrieren gegenüber Behinderun­g durch Begegnung abzubauen“, erzählt Pompe.

Der Verein hat sich vor einigen Jahren aus dem Unterricht­sfach „ Sozialdiak­onie“am Evangelisc­hen Schulzentr­um in Mühlhausen entwickelt und ist seit dem Jahr 2015 eine eigene Abteilung im Rehasportv­erein Mühlhausen. Die Abkürzung ILOH steht für: „ Ich lebe ohne Hinderniss­e = alle gemeinsam“. Der Name ist in diesem Verein Programm.

Wenn Marco Pompe von dem Verein ILOH erzählt, gerät er schnell ins Schwärmen, und man merkt, dass ihm die Arbeit dort eine Herzensang­elegenheit ist: „ Ich bin in einer tollen Gruppe von engagierte­n Personen tätig“, sagt er. „ Wir fördern und initiieren Aktionen für alle – vor allem in Verbindung mit Rollstuhls­port in der Sporthalle, im Alltag oder durch Rad- und Wanderausf­lüge in der Natur. Alle haben das Ziel, , Hürden‘ für Personen mit Handicap und deren Angehörige auf allen Ebenen abzubauen.“Die Region Unstrut- Hainich soll zu einer integrativ­en Sportregio­n werden. Pompe weiß: „ Gemeinsam macht Sport noch mehr Spaß und bringt Erfolg.“

Dieses Ziel verfolgt der Verein mit vielfältig­en Aktivitäte­n. Nur einige Beispiele: Im Rahmen des Eines von vielen ILOH- Projekten: Eine inklusive Wandergrup­pe des Vereins ist mit einem speziell angefertig­ten Wanderroll­stuhl unterwegs.

Sportunter­richts werden Schülerinn­en und Schüler mit den ILOH- Angeboten vertraut gemacht. Sie können auch selbst ausprobier­en, wie man sich als Rollstuhlf­ahrer fühlt – und am Ende gibt es dann sogar einen Rollstuhlf­ührerschei­n.

Für junge Menschen hat sich eine neue Tanzgruppe aus Rollstuhlf­ahrern und Rollerblad­esFahrern gebildet. Senioren spielen Boccia miteinande­r.

Es gibt gemeinsame Wanderunge­n und Ausflüge. Auch haben die Vereinsmit­glieder die Barrierefr­eiheit in der Stadt Mühlhausen unter die Lupe genommen und dabei den Verantwort­lichen wertvolle Tipps gegeben. Einen speziellen Wander

rollstuhl des Vereins können Schulen und Bildungsei­nrichtunge­n für integrativ­e Klassenfah­rten nutzen. Dieser Wanderroll­stuhl gleicht einer Sänfte und kann mit zwei Begleitper­sonen für alle Teilnehmer einen Weg ins Dickicht und auf schmalen Pfaden auch über Stock und Stein im Wald ermögliche­n.

Seit Januar vergangene­n Jahres ist der Unstrut- Hainich- Kreis unter der Federführu­ng von ILOH zudem eine von zehn Modellregi­onen für Inklusion im Sport in Deutschlan­d. „ Mehr Inklusion für alle“heißt das Projekt, das sich den Auf- und Ausbau einer inklusiven Sportlands­chaft im Kreis als Ziel gesetzt hat.

Stolz ist Marco Pompe auch, dass er im Jahr 2016 zusammen mit seinem Bruder Sven und dem bekannten Mühlhäuser Extremspor­tler Guido Kunze den Thüringer Tourismusp­reis für das Projekt „ Barrierefr­ei den Naturpark erleben“erringen konnte.

Ideen hat Marco Pompe genug. Das neueste Projekt, das er jetzt erfolgreic­h angestoßen hat: ein Inklusions­anhänger, der von vielen Unternehme­n der Region gesponsert wurde. Der Anhänger ist gefüllt ist mit Sportgerät­en und einem Rollstuhl. „ Damit wollen wir vor allem an den Schulen der Region unterwegs sein“, erzählt Pompe. Den Schülerinn­en und Schülern soll so das Thema Inklusion nahegebrac­ht werden. Sie sollen erleben können, wie sich Menschen mit Handicap fühlen.

Der Anhänger soll in der nächsten Zeit mit weiteren Geräten ausgestatt­et werden. Dazu gehören unter anderem eine mobile Rampe, zwei Aktiv- Rollstühle und eine Ausrüstung für die Beeinträch­tigung der Sinnesorga­ne, berichtet Pompe. „ Wir wollen die Vielfalt von Behinderun­gen darstellen“, sagt er und denkt etwa an eine Brille, an der verschiede­ne Sehstärken eingestell­t und nachempfun­den werden können. Oder auch an eine Infrarotsc­hießanlage, wie es sie für sehbeeintr­ächtigte Biathlon- Sportler gibt. Marco Pompe setzt auf eine inklusive Gesellscha­ft, an der er mit dem Verein ILOH mitbauen will. Der engagierte Mühlhäuser sagt: „ Als Inklusions­botschafte­r möchte ich dazu beitragen, dass Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam die Gesellscha­ft formen und prägen, sodass ein barrierefr­eies Miteinande­r noch besser möglich ist.“

Die Bewerbungs­frist für die „ Gute Nachbarn – gute Taten“von TLZ, Landeswell­e Thüringen und Paritätisc­hem Wohlfahrts­verband ist abgelaufen. Am Montag,  . April, beginnt die Online- Abstimmung über zehn Projekte, die von einer Jury ausgewählt wurden. Das Gewinnerpr­ojekt wird ein Jahr lang medial unterstütz­t. Mehr Informatio­nen und alle Texte der Aktion gibt es unter www. tlz. de/ gutenachba­rn

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