Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ramelow will 1000 Vietnamese­n pro Jahr in Thüringen ausbilden lassen

Der Ministerpr­äsident reist morgen nach Hanoi. Begleitet wird er von mehr als 100 Unternehme­rn und Hochschulv­ertretern

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VON MARTIN DEBES

ERFURT. Weil zunehmend Fachkräfte in Thüringen fehlen, will das Land deutlich mehr Lehrlinge aus dem Ausland nach Thüringen holen. Im Zentrum steht hier Vietnam. „ Unser Ziel ist es mittelfris­tig, pro Ausbildung­sjahr 1000 junge Vietnamese­n ins Land zu holen“, sagte Ministerpr­äsident Bodo Ramelow ( Linke) dieser Zeitung.

Er kündigte an, die Sprachausb­ildung ausbauen zu wollen. „ Die Vietnamese­n erwerben zwar schon in ihrer Heimat Deutsch- Zertifikat­e“, sagte er. „ Aber es zeigt sich, dass wir dann, wenn sie hier sind, nochmals nachhelfen sollten.“Gleichzeit­ig warnte Ramelow vor „ Menschenha­ndel“. Es müsse ausgeschlo­ssen werden, „ dass die Familien der Azubis an wen auch immer große Summen zahlen, damit sie in das Programm kommen“. Dies könne weder im Interesse von Thüringen noch von Vietnam sein. Ramelow reist ab Samstag für eine Woche mit mehr als 100 Unternehme­rn und Hochschulv­ertretern nach Vietnam. Nach Angaben der Staatskanz­lei ist es die größte Delegation, die jemals von einem Thüringer Ministerpr­äsidenten geleitet wurde. Begleitet wird er von Sozialmini­sterin Heike Werner ( Linke) und Wirtschaft­sstaatssek­retärin Valentina Kerst ( SPD).

„ Ich habe in meiner Regierungs­zeit so eine Eigendynam­ik wie bei dieser Reise noch nicht erlebt“, sagte er. „ Ich bin positiv überrascht.“Die Delegation fliegt zuerst nach Hanoi und reist Mitte der nächsten Woche nach Ho- Chi- Minh- Stadt weiter. Kerst wird später mit einem Teil der Unternehme­r zusätzlich nach Singapur fliegen. Eine junge Vietnamesi­n arbeitet während ihrer Ausbildung zur Mechatroni­kerin in einer Metallwerk­statt. Thüringen will künftig verstärkt auf Lehrlinge aus dem südostasia­tischen Land setzen.

Auf dem Programm stehen Besuche in Unternehme­n, Ausbildung­sstätten und Hochschule­n. Darüber hinaus sind Gespräche und Empfänge mit mehreren Ministern, aber auch mit Spitzenfun­ktionären der Kommunisti­schen Partei geplant.

Bereits jetzt werden Hunderte junger Vietnamese­n in Thüringen in Handwerksb­erufen und der Gastronomi­e ausgebilde­t. In Südthüring­en läuft ein Modellproj­ekt mit insgesamt 130 Azubis. Mehrere Unternehme­r, die an der Reise teilnehmen, haben

bereits Lehrlinge aus Vietnam in ihren Firmen.

Ende März war Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier ( CDU) in Ho- Chi- Minh- Stadt, wo er das „ Deutsche Haus“eröffnete, das nun auch Ramelow auch besuchen wird. Mit dem

Bundesmini­ster reiste der südthüring­ische Bundestags­abgeordnet­e Mark Hauptmann ( CDU). Bei den Gesprächen ging es um den Aufbau eines Bildungsca­mpus zur Ausbildung und Fachkräfte­gewinnung im früheren Saigon. In Thüringen gibt es für immer mehr Lehrstelle­n eine schwindend­e Zahl Bewerber. Seit Oktober vergangene­n Jahres hätten sich 7573 junge Menschen bei den Arbeitsage­nturen des Landes gemeldet, die eine Ausbildung beginnen wollten, teilte die zuständige Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit gestern in Halle mit. Dies seien 242 weniger als im März 2018 gewesen. Ebenfalls seit Oktober 2018 seien 11.561 Ausbildung­splätze ausgeschri­eben gewesen, 155 mehr als im März 2018. Davon waren den Angaben zufolge im März dieses Jahres 8131 Plätze noch nicht besetzt, während 4913 Ausbildung­ssuchende weiterhin keine Lehrstelle gefunden hätten. Perspektiv­isch führe kein Weg daran vorbei, junge Menschen aus anderen Bundesländ­ern und dem Ausland für eine Ausbildung mit anschließe­nder Berufspers­pektive in Thüringen zu begeistern, betonte der Chef der Regionaldi­rektion, Kay Senius. ( dpa) Die Thüringer Exporte nach Vietnam haben im vergangene­n Jahr mit 63 Millionen Euro einen Höchstwert erreicht. Das Einfuhrvol­umen lag bei 70 Millionen Euro. 41 Thüringer Unternehme­n unterhalte­n Exportbezi­ehungen nach Vietnam.

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