Thüringische Landeszeitung (Jena)
Deutschhland und USA: Wie tief ist der Riss?
Misstöne ausgerechnet beim Nato- Jubiläum: Noch nie war das transatlantische Verhältnis so belastet wie in diesen Tagen
Kälte und Missgunst: Bundeskanzlerin Angela Merkel steht beim G - Gipfel in Taormina in Italien neben US- Präsident Donald Trump. Herzlicher Umgang: Bundeskanzler Helmut Kohl ( l.) und US- Präsident George H. W. Bush am . Juli beim G - Gipfel in London.
VON MICHAEL BACKFISCH
BERLIN. In den deutsch- amerikanischen Beziehungen gab es immer Höhen und Tiefen. Besonders eng war das Verhältnis, wenn auch die Chemie zwischen US- Präsident und Bundeskanzler stimmte – zum Beispiel zwischen Gerald Ford und Helmut Schmidt ( SPD) in den 70er- oder zwischen George H. W. Bush und Helmut Kohl ( CDU) in den 80er- und 90erJahren.
Auch bei gelegentlichen Schlechtwetter- Perioden wurde die Substanz der transatlantischen Partnerschaft nie ernsthaft beschädigt. Selbst während des deutsch- amerikanischen Zerwürfnisses zwischen US- Präsident George W. Bush und Bundeskanzler Gerhard Schröder ( SPD) wegen des Irak- Kriegs im Jahr 2003 galt: Die Zusammenarbeit in der Nato funktionierte – ebenso wie die Kooperation der Geheimdienste beider Länder
Doch unter US- Präsident Donald Trump ist alles anders. Deutschland – so scheint es – ist eine seiner bevorzugten Zielscheiben. Auch die Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag der Nato am Donnerstag waren von Misstönen geprägt. Die wichtigsten Streitpunkte zwischen Washington und Berlin:
Verteidigungsausgaben: Beim Nato- Gipfel in Wales 2014 hatte sich die westliche Militärallianz darauf verständigt, bis 2024 eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung anzustreben. Bereits zu Beginn seines ersten Amtsjahrs 2017 bezeichnete Trump das Bündnis als „ obsolet“, also „ überholt“oder „ veraltet“. Beim Nato- Gipfel im Juli 2018 in Brüssel drohte Trump: Sollten nicht alle Nato- Mitgliedstaaten ab sofort mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung stecken, dann würden die USA „ ihr eigenes Ding machen“. Spätestens seit diesem Zeitpunkt gibt es immer wieder Zweifel, ob die Amerikaner im Bündnisfall ihren Alliierten zur Seite stehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel ( CDU) hatte zugesagt, dass Deutschland 2024 statt der vereinbarten zwei Prozent zumindest anderthalb Prozent der Wirtschaftsleistung für die Bundeswehr ausgeben wolle. Doch kürzlich hatte das Bundeskabinett die Eckwerte für die Haushaltsjahre bis 2023 beschlossen. Demnach sinkt der Wert im letzten Jahr auf 1,26 Prozent. Trump empfindet das als Provokation.
Handel und Autozölle: Wahrheit ist die Lage viel komplizierter: So verlangen die Amerikaner zum Beispiel höhere Zölle auf den Import von Gelände- oder Lastwagen aus Europa, als dies in umgekehrter Richtung der Fall ist. Dennoch: Trumps Drohung steht im Raum, Zölle von bis zu 25 Prozent auf die Einfuhren von Autos aus Europa zu erheben. Das wäre ein besonders harter Schlag für die deutsche Automobil- Industrie.
Pipelineprojekt Nord Stream 2: Auch gegen das vom russischen Energiekonzern Gazprom und deutschen Firmen geplante Erdgas- Pipelineprojekt Nord Stream 2 durch die Ostsee machen die Amerikaner Front. Deutschland werde wegen seiner vergleichsweise hohen Gasimporte aus Russland zum „ Gefangenen“Moskaus. Washington droht Unternehmen, die bei Nord Stream 2 im Boot sind, mit Sanktionen im USA- Geschäft. Amerika hat allerdings auch eigene Interessen: Das Land will vermehrt Flüssiggas in Europa verkaufen.
Sanktionen gegen den Iran:
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