Thüringische Landeszeitung (Jena)
Dortmunder Bayern- Dusel
Vor dem Bundesliga- Gipfel spricht die Statistik für den BVB. Münchner Abwehr- Werte waren zuletzt nur 2011 schlechter
VON PIT GOTTSCHALK
MÜNCHEN. Als alle Welt noch rätselte, ob das 5: 4 ( 1: 2) im Pokal- Viertelfinale gegen Zweitligist Heidenheim Ausdruck überragender Mentalität oder doch Beleg für die Anfälligkeit des FC Bayern sein könnte, würgte Niklas Süle jede Diskussion kurzerhand ab. „ Das Spiel“, sagte der Abwehrchef, als er seinen Platzverweis verdaut hatte, „ muss man auch mit sieben Mann runterspielen können.“Das aber konnten die Bayern nicht. Ihre erste Führung ging genauso verloren, als Süles Notbremse – der gestern für ein DFB- Pokal- Spiel gesperrt wurde – gegen Robert Andrich vom Video- Assistenten geahndet wurde, wie die zweite mit zwei Toren Vorsprung. Der bisher unbekannte Mittelstürmer Robert Glatzel war in der Lage, die Verteidigung mit den Ex- Weltmeistern Mats Hummels und Jerome Boateng auseinanderzureißen. „ Du kannst nicht vier Gegentreffer kassieren, das geht nicht – bei allem Respekt vor Heidenheim“, schimpfte Trainer Niko Kovac. Den Spielern fiel keine andere Entschuldigung ein, als dass sie mit ihren Gedanken nicht bei der Sache waren. „ Wir hatten den Kopf schon beim Samstag“, sagte Robert Lewandowski. Beim Top- Spiel ( 18.30 Uhr/ Sky) gegen Bundesliga- Spitzenreiter Borussia Dortmund. Die Wahrheit ist: Der FC Bayern spielt so anfällig wie selten. Das 1: 1 in Freiburg und der glückliche Sieg über Heidenheim warfen alles an Selbstbewusstsein über Bord, das der Titelverteidiger mit einem Zwischensprint von sechs Bundesliga- Siegen in Folge aufgebaut hatte. „ Nach so einem Spiel muss man nachdenklich werden“, so Sportchef Hasan Salihamidzic.
In 40 Pflichtspielen kassierten die Bayern schon 43 Gegentore diese Saison – voriges Jahr waren es 49 in 53 Spielen. Zum siebten Mal gab es mindestens drei Gegentore, viermal davon in der Allianz- Arena. So löchrig war die Abwehr seit 2011 nicht.
Auffällig ist: Obwohl Süle Abwehrchef ist, gewannen die Bayern alle sechs Spiele, in denen Süle fehlte – mit 17: 1 Toren. Da ist es ein Trost, dass die BVB- Abwehr in der Rückrunde ebenfalls schwächelt: Vier Gegentore verbockte man in 13 Spielen selbst; in der Hinrunde war es nur eins. Torwart Roman Bürki hält nur noch 64,4 Prozent der Schüsse. In der Hinrunde: 76,8 Prozent. Trotzdem sind die Bayern vorm BVB- Duell nervöser, als sie es zugeben wollen. Der FC Bayern verlor vier der vergangenen sechs Duelle mit einem Spitzenreiter in der Bundesliga. Dreimal übrigens gegen Borussia Dortmund: 2010/ 11 beim 1: 3 zu Hause, 2011/ 12 beim 0: 1 auswärts und zuletzt in der Hinrunde beim 2: 3 im Signal- IdunaPark. 2011 und 2012 wurde Dortmund Meister.
Die Statistik- Auswertung „ Expected Goals“wertet Schusspositionen aus und sagte dem Dortmunder Paco Alcacer diese Saison 8,5 Treffer voraus. Mit 16 Toren übertrifft der Spanier seine Prognose jetzt um 7,5 Treffer. Anders Robert Lewandowski bei Bayern: Bei 19 Toren fehlen ihm statistisch 6,7 Treffer. Hinzu kommt: Borussia Dortmund spielt inzwischen mit dem berühmten Bayern- Dusel. Diese Saison traf der BVB schon neunmal nach der 90. Spielminute, sieben der neun Treffer fielen sogar in der Nachspielzeit. Würden alle Spiele in der 89. Minute enden: Die Bayern wären mit vier Punkten Vorsprung Tabellenführer – und nicht Dortmund mit zwei Punkten.