Thüringische Landeszeitung (Jena)
Erleichterung in Jena: FC Carl Zeiss besiegt Energie Cottbus mit 2:1
3. Liga: Der FC Carl Zeiss Jena bezwingt den FC Energie Cottbus mit 2:1 und schöpft neue Hoffnung im Abstiegskampf
Nach zwölf Drittligaspielen ohne Sieg gewann der FC Carl Zeiss Jena am Samstagnachmittag gegen den FC Energie Cottbus mit 2:1. Das erste Jenaer Tor besorgte Maximilian Wolfram (in Gelb) bereits nach vier Minuten. Phillip Tietz war es, der eine Viertelstunde vor dem Ende per Elfmeter den Siegtreffer erzielte. Für die Thüringer war es der erste Heimsieg seit dem 27. August 2018. Nun hat man wieder Hoffnung.
JENA. Wer die Jenaer Fußballgeschichte kennt, der weiß, was möglich ist. Sagt Florian Brügmann. Abgekämpft, aber glücklich schleicht der Außenverteidiger nach dem 2:1 über den FC Energie Cottbus in die Katakomben; nicht ohne eine klare Ansage: „Es geht erst los!“Und dann packt er die historische Parallele aus: „2007 war es, da hat Jena zwölf Punkte aus sechs Spielen geholt und ist nicht abgestiegen. Warum sollten wir das nicht wiederholen?“, fragt er.
Die Idee zu diesem psychologischen Hackentrick sei im intensiven Gespräch mit Pressesprecher Andreas Trautmann entstanden, bemerkt ZeissCoach Lukas Kwasniok. Es sei schließlich seine Aufgabe als Trainer, „immer wieder neue Ansätze zu finden, um den Glauben an den Klassenerhalt auf rechtzuerhalten“, wie er sag Das allein sei es aber nicht gew sen, was zum gänzlich verände ten Erscheinungsbild diese Mannschaft geführt habe. „Da in Erinnerung zu holen, dazu die Tabelle auf Null zu setzen, ge paart mit der Veränderung des Systems, war das ein Neufang. Als wenn ein neuer Trainer hier stünde“, sagt Kwasniok. Er habe seinen Jungs mit auf den Weg gegeben, dass sie vergessen sollen, was vorher war. „Es hängt eine Tabelle in der Kabine, auf der alle null Spiele und null Punkte haben. Das Ziel ist, nach sieben Spielen weit oben zu sein“, erklärt der Trainer. Eine Saison aus sieben Partien gelte es zu bestreiten. Und die Gesamtheit aller Umstände habe dazu geführt, dass man Cottbus verdient geschlagen habe. Beispielsweise weil eben ein Maximilian Wolfram wieder zur Verfügung stand, der gleich zu Beginn das 1:0 besorgt hat. Und auch weil Justin Gerlach nach seinem Malheur – ein Selbsttor zum 1:1 – eine großartige Leistung dargeboten hat. „Ich habe ihn für seine Reaktion gelobt“, sagt Kwasniok. Oder weil Dominik Bock ein „cleverer Fuchs“sei, wie es Kwasniok sagt, weil
der eben diesen Elfmeter rausholt. So hat es keine Rolle mehr gespielt, dass Schiedsrichter Pascal Müller aus Löchgau kurz vor dem Seitenwechsel bei Manfred Starkes Geschoss aus der Ferne nicht gesehen hat, dass der Ball hinter der Linie gelandet ist. Ein klares Tor, erklärt hinterher Cottbus‘ Trainer Claus-Dieter Wollitz, der aber nicht damit einverstanden gewesen ist, dass der Referee am Ende einen Elfmeter gibt, der keiner gewesen sei. Nun, schmeichelhaft sei der Pfiff gewesen, so weit geht auch Lukas Kwasniok mit dieser Einschätzung mit.
Jenas Trainer lächelt; ihm ist die Erleichterung deutlich anzumerken.
Obschon er immer gelächelt habe, auch als es nicht lief. „Der, der vorn steht, ist für die Begeisterung verantwortlich. Deswegen hat es mich getroffen, wenn Leute aus dem Umfeld gesagt haben, ich würde hier nicht am Anschlag arbeiten. Dieser Job hier in Jena ist eine riesige Chance für mich und die Mannschaft – und den gehe ich mit allem, was ich habe, an“, sagt er. Dann wird er selbstkritisch: „Ja, die Jungs haben Fehler gemacht. Ich habe Fehler gemacht. Die müssen wir ausblenden und mit neuer Begeisterung weitermachen.“Ihn habe nie das gute Gefühl verlassen, auch nicht während der unendlich dauernden
Serie nicht gewonnener Spiele. Kwasniok wirkt aufgeräumt, argumentiert sachlich und gibt zu verstehen, dass er obendrein auch etwas mehr Distanz zwischen sich und die Spieler gebracht habe, „als das in den ersten acht Wochen war. Vielleicht tut Nähe nicht immer so gut“, sagt er.
Freilich, seinen Humor hat er behalten – wie viele Zentner Steine ihm vom Herzen gefallen sind, beantwortet er so: „Mein Gewicht ist noch immer gleich.“Sofort aber wird er wieder ernst: „Das ist die größte sportliche Herausforderung meines Lebens und für das Team. Deshalb freut es mich für das Umfeld, für
die Mannschaft, für die Mitarbeiter, um deren Arbeitsplätze es geht, dass alle wieder den Glauben ans Wunder haben“, erzählt er.
Der Erfolg könne zur Initialzündung werden, wie es Kapitän René Eckardt erklärt. „Mit einem Sieg ist es nicht getan. Wir stehen noch immer mit dem Rücken zur Wand, brauchen jetzt eine Serie“, fügt der Jenenser an. Er spüre das „Hau-ruck-Gefühl“im Team und bei den Fans, mit dem es nun nach Rostock zur nächsten Auswärtsaufgabe gehe – um weiter 2007 nachzueifern. „Wir wollen unsere eigene Geschichte schreiben. Dazu brauchen wir Siege“, sagt Eckardt.
Justin Gerlach hat trotz Selbsttor überzeugt