Thüringische Landeszeitung (Jena)
Sie haben ein Händchen für die Chirurgie
Die Ibismed Medizintechnik in Kahla produziert Instrumente, die immer mehr in OP-Sälen zum Einsatz kommen
Christian Linke führt die Ibismed Medizintechnik GmbH als Betriebsleiter in Kahla. Das Unternehmen gehört zu Bissinger Medizintechnik Teningen. KAHLA. Wenn der Chirurg mit einer bipolaren Pinzette ansetzt, brutzelt es. Ähnlich wie beim Anbraten eines Stück Fleischs in der Pfanne. Elektrischer Strom erzeugt im menschlichen Körper Wärme, was nützlich ist, um sauber Gewebe abzutrennen, zu schneiden oder Blutungen zu stillen. Der Patient wird im wahrsten Sinne des Wortes unter Strom gesetzt.
Unter Strom ist auch Christian Linke. Er ist Betriebsleiter der Ibismed Medizintechnik GmbH, die im Kahlaer Gewerbegebiet filigrane chirurgische Instrumente für eben jene Elektrochirurgie herstellt. Die Nachfrage nach den Produkten wächst, so hat auch Linke alle Hände voll zu tun.
„Wir fertigen zu unseren Standartprogramm sehr viele Spezialmodelle an und versuchen dadurch sehr kundenorientiert zu arbeiten“, erklärt er. So ist Pinzette nicht gleich Pinzette: In manche sind beispielsweise feine Spülkanäle eingearbeitet, die Breite der Spitzen variieren und für die Neurochirurgie müssen sie unisolierte Spitzen anfertigen. Außerhalb der EU sind zudem andere Anschlüsse Standard.
In der Kahlaer Produktionshalle biegen, schleifen und beschichten die Mitarbeiter jedes einzelne Stück in sorgsamer Handarbeit. Kein Roboter kann sie ersetzen, betont Linke. Das geübte Auge und vor allem Fingerfertigkeit sind essenziell. „Wir haben eine sehr hohe Fertigungstiefe“, DavidEllenbergistMitarbeiterinderBeschichtung.
sagt der Betriebsleiter. „In über 100 verschiedenen Arbeitsschritten fertigen wir die Pinzetten an.“30.000 Pinzetten stellt das Unternehmen jährlich im Auftrag für Bissinger Medizintechnik aus Teningen (Baden-Württemberg) her. Das Mutterunternehmen verschickt die Rohware, bedruckt die Endprodukte für die Kunden und regelt den Verkauf. Ibismed werden Ärzte und Patienten also in keinem OP-Saal lesen. Das Unternehmen geht aus der Jenaer Medizintechnik GmbH hervor, die im Jahr 1991 gegründet wurde. Das Bissinger-Tochterunternehmen beschäftigte damals vier Mitarbeiter. 1995 siedelte sich das gewachsene
Unternehmen in Kahla an und nannte sich in Ibismed Medizintechnik um. Die Produktionsstätte wurde vor drei Jahren erneut ausgebaut, um die gestiegene Nachfrage zu bewältigen. Auch eine neue CNC-Maschine steht in einer Halle. „Wir bieten auch Dreh-und Lohnarbeiten im Bereich Bohren, Reiben und Gewinde schneiden für regionale Kunden an“, sagt Linke.
Die in OP-Sälen im Einsatz befindlichen Pinzetten können auch beschädigt werden. Dafür ist in Kahla eigens eine Reparaturwerkstatt angesiedelt, in der auch Zangen, Klemmen und Scheren in Handarbeit erneuert werden.
Eine eigene Forschungsabteilung ist allerdings nicht am Standort ansässig. Produkte zu entwickeln oder sich mit Chirurgen auszutauschen, übernehme das Mutterunternehmen in Baden-Württemberg.
Christian Linke stieß 2012 als Assistent von Betriebsleiterin Heidi Eisenmann in Kahla dazu, die im Frühjahr 2018 in den Ruhestand ging. Seitdem leitet er den Standort. Eines seiner Hauptaugenmerke liegt auf der Vom Rohmaterial (hinten) zur Pinzette für die Elektrochirurgie – die Fertigung ist Handarbeit. FOTOS (): KATJA DÖRN Gewinnung von neuen Fachkräften.
Wie in vielen Branchen sei es ein schwieriges Unterfangen. Dabei müssten die Mitarbeiter nicht unbedingt gelernte Chirurgiemechaniker sein, ein Handwerk, das in Thüringen nicht ausgebildet wird. „Wer motiviert ist und die Fingerfertigkeiten mitbringt, bekommt bei uns eine Chance“, sagt Christian Linke. „Man sollte die Instrumente und die Arbeit lieben.“
Er schätzt Quereinsteiger, die sich in die Arbeitsschritte reinfuchsen. Langjährige Mitarbeiter haben früher im Porzellanwerk gearbeitet, sind gelernte Zimmermänner oder Maurer, ist beim Rundgang durch die Produktionsräume zu erfahren. „Wir haben einen guten Pool aus erfahrenen Mitarbeitern“, lobt Betriebsleiter Linke. Mit ihnen zu arbeiten, das mache einfach Spaß.