Thüringische Landeszeitung (Jena)
Netanjahu fordert mehr Siedlungen
Israels Regierungschef kündigt vor der Wahl Annektierung von Gebieten an
Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel. FOTO: DPA TEL AVIV. Vor der Parlamentswahl in Israel hat Regierungschef Benjamin Netanjahu die Annektierung israelischer Siedlungen im Westjordanland in Aussicht gestellt. „Ich werde nicht eine einzige Siedlung räumen. Und ich werde natürlich dafür sorgen, dass wir das Gebiet westlich des Jordans kontrollieren“, sagte der rechtskonservative Ministerpräsident am Sonnabendabend im israelischen Fernsehen. Netanjahu hofft darauf, das in Umfragen führende Oppositionsbündnis der Mitte von Ex-Militärchef Benny Ganz bei der Wahl am Dienstag noch zu überholen.
Die israelische Organisation Peace Now teilte am Sonntag mit, ein zuständiger Ausschuss habe den Bau von mindestens 4615 weiteren Wohnungseinheiten im Westjordanland gebilligt. Viele davon befänden sich in isolierten Siedlungen, die Israel im Rahmen einer Friedensregelung mit den Palästinensern vermutlich räumen müsste. Der mit Korruptionsvorwürfen konfrontierte Likud-Parteichef sagte, die nächste Legislaturperiode werde schicksalhaft sein. „Werden wir in der Lage sein, unsere Sicherheit zu gewährleisten und die Kontrolle über das essenziell wichtige Gebiet von Judäa und Samaria (Westjordanland)? Wir haben gesehen, was wir nach einem Abzug aus dem Gazastreifen bekommen haben“, sagte Netanjahu. Im Falle eines weiteren Abzugs sei ein „Gazastreifen in Judäa und Samaria“zu befürchten. Israel hatte den Gazastreifen 2005 geräumt, 2007 übernahm dort die radikalislamische Hamas gewaltsam die Kontrolle, nachdem ihr Wahlsieg 2006 nicht anerkannt worden war. Netanjahu sagte, er habe erreicht, dass US-Präsident Donald Trump die Golanhöhen als israelisches Gebiet anerkenne. Man wolle nun „zur nächsten Phase übergehen“und die israelische Souveränität auch auf das Westjordanland ausweiten. Dies war bisher vor allem eine Forderung ultrarechter Koalitionspartner Netanjahus. Der seit 2009 amtierende Regierungschef hatte sich in der Vergangenheit für die Einrichtung eines entmilitarisierten Palästinenserstaates ausgesprochen.
Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler. Vor allem der erzkonservative Erziehungsminister Naftali Bennett dringt darauf, weite Teile des Westjordanlandes zu annektieren. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. (dpa)