Thüringische Landeszeitung (Jena)
Mit Herz und Emotionen
Handballerinnen des Thüringer HC dürfen nach dem 24:23 gegen Tabellenführer Bietigheim weiter vom achten Meistertitel träumen
BAD LANGENSALZA. Als der letzte Angriff von Bietigheim wegen eines Schrittfehlers abgepfiffen wurde und endgültig den Sieg des Thüringer HC besiegelte, war sich Ann-Cathrin Giegerich ihrer Sache noch nicht ganz sicher. „Erst mit dem Schlusspfiff ist die ganze Last von mir abgefallen“, sagte die Torhüterin des amtierenden Meisters, der in einem packenden Bundesliga-Duell gegen Tabellenführer SG Bietigheim mit 24:23 (11:8) gewann, mit dem Spitzenreiter auf 38:2 Punkte gleichzog und damit weiter vom achten Meistertitel träumen darf. „Wir sind immer noch in der Rolle des Jägers. Jetzt wollen wir erst einmal das nächste Spiel in Dortmund gewinnen“, sagte die Schlussfrau. Vor den restlichen sechs Spielen der Saison behauptete Bietigheim aufgrund des um elf Treffer besseren Torverhältnisses den Spitzenplatz.
Bei Gleichstand würden die mehr geworfenen Tore den Ausschlag geben. Aber auch hier liegen der THC (621 Tore) und Bietigheim (623) momentan fast gleichauf. Letzten Ausschlag würde der direkte Vergleich geben, der nach dem 24:27 im Hinspiel für Bietigheim spricht.
Im letzten Bundesliga-Duell vor dem Umbau der Salza-Halle, die für 13 Millionen Euro bis zum Sommer 2020 saniert und um 700 Plätze erweitert wird, erlebten die 1100 Zuschauer eine Abwehrschlacht, die bei jeweils zwei Zeitstrafen aber jederzeit fair verlief. Im Blickpunkt standen die Torhüterinnen, die alle auf gewohntem Terrain agierten. Bietigheims Dinah Eckerle spielte sieben Jahre für den Thüringer HC und wurde trotz des Seitenwechsels von den Fans herzlich empfangen.
Auf der anderen Seite aber stand Giegerich ihr in nichts nach. Die 27-Jährige, die von 2011 bis 2017 in Bietigheim unter Vertrag stand, wehrte in der ersten Hälfte sieben Bälle ab und hielt ihre Mannschaft damit auf Kurs. Beim 8:4 durch Kreisläuferin Meike Schmelzer (18.) lag der Gastgeber mit vier Toren vorn. Aber der Spitzenreiter, der zuletzt gegen Buxtehude 40 Tore erzielte, hielt den Anschluss und kam beim 15:15 (41.) und 22:22 (56.) sogar zweimal zum Gleichstand. Allerdings erwies sich auch die zur Pause in den THC-Kasten gerückte Jana Krause als sicherer Rückhalt, während Giegerich in der 56. Minute zurückkehrte.
Der Unterschied zum Hinspiel, als der Thüringer HC ohne die verletzte Kapitänin Iveta Luzumova mit 24:27 verlor: Diesmal hatte Trainer Herbert Müller eine wesentlich breitere Bank, um seinen Frauen kurze Verschnaufpausen zu geben. So verließ Emily Bölk vorübergehend das Feld, während Saskia Lang im ersten Spiel nach ihrer Knie-Operation im Januar zum 18:15 (44.) traf. Auch Luzumova durfte kurz auf der Bank ausruhen, als Nina Müller ihre Aufgaben übernahm. Jene Kraftreserven waren es vielleicht, die den THC-Frauen in der Schlussphase zum Sieg verhalfen. Denn als Jovana Sazdovska den Ausgleich in einen 24:22-Vorsprung verwandelte und Maura Visser mit dem 23. Treffer für Bietigheim antwortete, behielt der Thüringer HC den Überblick.
Dem Gegner unterlief beim letzten Angriff ein Schrittfehler und THC-Trainer Müller verschaffte seiner Mannschaft sieben Sekunden vor dem Schlusspfiff bei einer Auszeit noch einmal einen Augenblick zum Durchatmen. Souverän behauptete der THC den Ball, bevor der Schlusspfiff im Jubel der Fans unterging und die Frauen auf dem Parkett tanzten, als wären sie gerade Meister geworden. Emily Bölk (links) und Alicia Stolle bejubeln den wichtigen Sieg im Spitzenspiel. FOTO: SASCHA FROMM