Thüringische Landeszeitung (Jena)
Bausünde Bauhaus-Museum
Leser meint: Gropius würde sich laut schreiend vom Dach des Gebäudes stürzen
Mit der äußeren Ansicht des Bauhaus-Museums, das am Wochenende eröffnet wurde, befasst sich Jürgen Marschall aus Weimar.
Jüngst lauschte ich dem Gespräch zweier älterer Herren, von denen sich einer angesichts des Museumsneubaus folgendermaßen äußerte: „Nu hat ja Adolf endlich, was er immer wollte: Einen Flakbunker!“Vox populi halt, aber widersprechen kann man da nicht. Schließlich ist Beton ja bekanntermaßen der bevorzugte Baustoff für solcherart Anlagen. Die grundsätzliche Bauhaus-Idee „Schönes für Alle“, was dann auch noch zweckmäßig sein soll, erkenne ich in diesem Quader mit Schießscharten nicht wieder. Solcherart Gemäuer findet man heutzutage an jeder Ecke, ob nun staatlich oder privat beauftragt. Ich weiß nicht, ob man sowas noch Architektur nennen sollte. Wenn Gropius das noch sehen könnte, würde er sich laut schreiend vom Dach dieses Gebäudes stürzen.
Diese neue Bausünde korreliert dabei bestens mit den hirnrissigen Umbauplänen am Schillermuseum, durch den dieses in einen Kaufmannsladen umgewidmet werden soll. Das Verkaufen von Devotionalien kann aber nicht die Hauptaufgabe eines Museums sein, meines Erachtens besteht dieser immer noch darin, seine Besucher zu bilden und zu erbauen, nicht aber darin, sie zum Kauf von irgendwelchen Goethe- und Schillerköppen zu nötigen. Entwarf das Bauhaus-Museum in Weimar: Architektin Heike Hanada. Große Diskussionen gab es im Vorfeld um die Fassade des Gebäudes. FOTO: SASCHA FROMM