Thüringische Landeszeitung (Jena)
Neue Konkurrenz für Flixbus
Die Mitfahrzentrale Blablacar steigt mit Blablabus in den deutschen Fernbusmarkt ein – mit Kampfpreisen
Berlin. Wird Rot das neue Grün auf den deutschen Autobahnen? Am Montag war der hellrote Bus mit den abgedunkelten Scheiben und der markanten Andeutung eines weiß-blauen b am Heck noch der Exot auf der Strecke zwischen Düsseldorf und Berlin. Das soll sich bald ändern – zumindest wenn es nach der Mitfahrzentrale Blablacar des französischen Unternehmens Comuto geht. Seit Montag lässt Blablacar in Deutschland Fernbusse fahren. Mit seiner neuen Marke Blablabus will das Unternehmen die Marktmacht der grünen Flixbusse angreifen.
Zum Start fahren die roten Busse auf fünf Routen 17 Städte an. Das Streckennetz umfasst Linien von Frankfurt nach Berlin, von Dresden nach Bremen, von Berlin über Leipzig nach München, von Berlin über Dortmund nach Düsseldorf und von Hamburg nach Düsseldorf. Mit den Flughäfen Berlin-Tegel und München umfasst das neue Fernbus-Angebot zum Start somit insgesamt 19 Zielorte. Im Juli sollen zehn weitere Städte hinzukommen, darunter Stuttgart und Münster. Ebenfalls ab Juli soll mit Amsterdam das erste internationale Ziel von Deutschland aus erreichbar sein. Bis Jahresende will Blablabus 40 Stationen in Deutschland ansteuern, europaweit sollen es 400 werden.
Im Vergleich zu Flixbus wäre das immer noch lediglich ein Viertel der Ziele, die die grünen Busse in Europa anfahren. Den Markt beherrscht Flixbus derzeit unangefochten: Laut Statistikportal Statista kam das Münchener Start-up 2018 auf einen Marktanteil von 95 Prozent.
Während der erste Blablabus am Montag von Düsseldorf nach Berlin fuhr, legten am selben Tag sieben Flixbusse dieselbe Strecke zurück. Außerdem rollten zwei Flixtrain-Züge von Düsseldorf in die Hauptstadt. Blablabus will dem größeren Angebot des Marktführers eine aggressive Preispolitik entgegensetzen. Bis September wird die Hälfte aller Bustickets für 99 Cent verkauft, für internationale Fahrten gibt es das Ticket ab 4,99 Euro. „Kennlernpreis“, nennt der BlablacarChefmanager für Deutschland, Christian Rahn, das Angebot. Daneben gibt es Komfortstandards wie WLAN und extragroße Sitzplatzabstände.
Wie Flixbus betreibt Blablabus die Linien nicht selbst. Das französische Unternehmen kooperiert mit lokalen Busanbietern. Diese stellen die Fahrzeuge und die Fahrer. Blablabus betreibt die Vertriebsplattform im Internet. Das Unternehmen weiß durch Suchanfragen, wo die Nachfrage hoch ist, und kann entsprechend das Angebot anpassen. Auch die Webseite und die App von Blablacar werden für das neue Angebot genutzt: Wer eine private Mitfahrgelegenheit buchen möchte, bekommt als Vergleich und Buchungsoption ein Blablabus-Angebot angezeigt. So würden nach Unternehmensangaben rund 6,5 Millionen Kunden der Mitfahrzentrale in Deutschland erreicht.
Der Machtkampf zwischen der französischen Comuto und dem deutschen Flixbus ist das Duell zweier Start-ups, die mittlerweile von Investoren mit jeweils über einer Milliarde USDollar bewertet werden. Beide Unternehmen investieren kräftig. Vor einem Jahr expandierte Flixbus in die USA und steuert dort rund 80 Ziele an – und erreicht nach eigenen Angaben eine völlig neue Klientel. Zwei Drittel der Fahrgäste seien zuvor noch nie in einen Fernbus gestiegen. In Deutschland macht das Start-up mit Flixtrain der Deutschen Bahn mit Fernzügen Konkurrenz.
Mit Blablabus mischt Comuto den zuletzt nicht umkämpften Fernbusmarkt in Europa auf. Eine seit November vorbereitete Übernahme des französischen Busunternehmens Ouibus, eines Tochterunternehmens der französischen Staatsbahn SNCF, werde noch diesen Monat vollzogen. Anschließend soll die Marke Ouibus durch Blablabus ersetzt werden.
Die Angebote von Bus und Mitfahrzentrale sollen sich gegenseitig ergänzen. Nach Unternehmensangaben sind drei von vier Ouibus-Passagieren auf Hauptrouten zwischen großen Städten unterwegs. Die Mitfahrzentrale Blablacar dagegen werde zu 80 Prozent für Nebenstrecken genutzt. In Kombination möchte Comuto den gesamten Markt abdecken. „Wir verstehen uns als Marktplatz für alle Angebote auf der Straße“, sagte Rahn.
So soll es auch in Deutschland werden. Dabei spiele Sicherheit eine große Rolle, sagte der Manager. Blablabus arbeite nur mit Anbietern zusammen, die den Test interner Experten überstehen und langjährige Erfahrung mitbringen. Aber auch die Busse würden laut Rahn hohe Sicherheitsstandards erfüllen. So seien die Fahrzeuge mit AlkoholZündschlosssperren, wie sie in Frankreich Standard sind, ausgerüstet. Vor der Reise muss der Fahrer in ein Atemgerät pusten. Erkennt dieses Alkohol, lässt sich der Bus nicht starten. Auch sind Systeme zur Müdigkeitserkennung integriert. Alle Sitzplätze sind zudem mit Dreipunktgurten ausgestattet.
Bei Flixbus halten sich die Sorgen über den neuen Wettbewerber in Grenzen: „Wir sind harten Wettbewerb gewohnt und es wird sich noch zeigen, inwieweit Blablacar anpassungsfähig genug ist, um auf diesen sich schnell wandelnden Markt zu reagieren“, sagte Gründer und Geschäftsführer André Schwämmlein.
Blablabus will mit Sicherheit punkten