Thüringische Landeszeitung (Jena)
Scheuer muss sich rechtfertigen
Kritik der Opposition nach Maut-Debakel
Berlin. Angesichts massiver Kritik an seinem Vorgehen bei der geplatzten Pkw-Maut bemüht sich Verkehrsminister Andreas Scheuer um Schadensbegrenzung. Der CSU-Politiker wies am Mittwoch im Bundestag Vorwürfe zurück, er habe vorschnell vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die künftigen Betreiberverträge unterzeichnet. Die Opposition attackierte den Minister scharf und droht mit einem Untersuchungsausschuss. Scheuer habe es zu verantworten, „dass die Maut für den Steuerzahler ein unglaubliches Folgefiasko ist“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.
Scheuer musste im Verkehrsund Haushaltsausschuss Rede und Antwort stehen. SPD und Opposition werfen ihm vor, dass er schon Ende 2018 die Verträge mit den vorgesehenen Betreibern Kapsch und CTS Eventim unterschrieben hatte – entgegen vieler Warnungen, ohne auf das anstehende Urteil des EuGH zu warten.
Die obersten EU-Richter hatten die Maut vergangene Woche für rechtswidrig erklärt. Scheuer ließ umgehend die Verträge kündigen – nun drohen mögliche finanzielle Ansprüche der Unternehmen gegen den Bund. Scheuer verteidigte sein Vorgehen. Nach dem Bundestagsbeschluss zur Maut habe er den Auftrag gehabt, das Projekt voranzubringen. Abzuwarten hätte bedeutet, dass dem Bund Einnahmen hätten entgehen können.
Der FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic monierte, der Minister sehe Schuld bei vielen anderen, räume aber keine persönliche Verantwortung ein. LinkeExpertin Ingrid Remmers sagte mit Blick auf europarechtliche Zweifel an der Maut: „Alle Welt hat gewusst, wie wacklig das Ding ist.“Trotzdem Verträge zu unterschreiben, sei verantwortungslos. FDP, Grüne und Linke halten sich auch die Option eines Untersuchungsausschusses offen. (dpa)