Thüringische Landeszeitung (Jena)
Mutmaßlicher Rechtsextremist gesteht Mord an CDU-Politiker Lübcke
Stephan E. sagt, er habe allein gehandelt. Innenminister Seehofer will nach möglichen Mittätern für „politischen Mord“suchen
Berlin/Kassel. Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten und CDU-Politiker Walter Lübcke erschüttert Deutschland – jetzt hat der mutmaßliche Rechtsextremist Stephan E. gestanden, Lübcke in der Nacht zum 2. Juni erschossen zu haben. Der Tatverdächtige habe am Dienstagnachmittag ausgesagt, er habe die Tat alleine vorbereitet und durchgeführt, berichtete Generalbundesanwalt Peter Frank am Mittwoch nach einer Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestages. Handelte Stephan E. wirklich allein? Der Generalbundesanwalt erläuterte, erst die weiteren Ermittlungen könnten zeigen, ob es Helfer oder Mittäter gegeben habe.
Vor den Innenexperten des Bundestages gab Frank nach Angaben von Teilnehmern zwar keine expliziten Informationen zum Motiv der Tat preis. Er habe aber erklärt, dass die Zuständigkeit seiner Ermittlungsbehörde durch die Einlassungen des Tatverdächtigen nicht entfallen sei. Damit dürfte klar sein, dass es sich um ein politisches Motiv handelt, denn nur in diesen Fällen ist ein Verbrechen ein Fall für die Bundesanwaltschaft.
So sprach Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Anschluss auch von einem „politischen Mord“. Dieser sei mit dem Geständnis noch nicht aufgeklärt. Es gehe auch darum, mögliche Mittäter oder Mitwisser zu identifizieren. Der Innenminister rief die Bürger auf, sich klar von Rechtsextremen zu distanzieren. Dort müsse es eine „rote Linie“geben. Antisemitismus und Ausländerhass seien nicht tolerierbar. Er schloss weitere Verbote rechtsextremistischer Gruppierungen nicht aus.
Der 45-jährige Stephan E. ist mehrfach vorbestraft und war in früheren Jahren durch Kontakte in die rechtsextreme Szene aufgefallen. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, sagte am Mittwoch, die Behörden hätten Stephan E. seit 2009 aber nicht mehr intensiv auf dem Schirm gehabt.
Der CDU-Politiker Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni mit einer Schussverletzung im Kopf auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen bei Kassel entdeckt worden. Er starb kurze Zeit später im Krankenhaus. Lübcke war wegen seiner Haltung zu Flüchtlingen bedroht worden. Er hatte sich 2015 auf einer Informationsveranstaltung gegen Schmährufe gewehrt und ein geplantes Flüchtlingsheim mit Verweis auf Grundwerte verteidigt.
Außenminister Heiko Maas sagte unserer Redaktion: „Mit einem Geständnis darf die Aufklärung nicht enden.“In einem Brief an alle Bundestagsabgeordneten – außer der AfD – schrieb Maas, der Mord und die Anfeindungen gegen Kommunalpolitiker und Ehrenamtliche machten fassungslos. Vor diesem Hintergrund startete der frühere Justizminister die Initiative „Donnerstag der Demokratie“in den sozialen Medien gegen Hass und Gewalt. Jeder solle an diesem Donnerstag im Internet Alltagshelden, vom Sozialarbeiter bis zum Bürgermeister, mit positiven Geschichten würdigen. „Angriffe auf sie sind Angriffe auf uns alle“, sagte Maas. (mit dpa/rtr)