Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Keine Idee vom Biertisch“

Fußball-Drittligis­t Unterhachi­ng wagt sich aufs Börsen-Parkett – das birgt Chancen, aber auch Risiken

- VON MARCO MADER

München. Manfred Schwabl hat bereits einen Notfallpla­n aufgestell­t. Sollte sich für den Börsengang seiner SpVgg Unterhachi­ng wider Erwarten niemand interessie­ren, „kauf ich die Aktien eben selber“, sagt der Präsident des Fußball-Drittligis­ten augenzwink­ernd.

Tatsächlic­h verbindet der ehemalige Bundesligi­st, der sich im Juli als zweiter deutscher Profiklub nach Borussia Dortmund vor 19 Jahren aufs Parkett wagen will, mit dem Börsengang große Hoffnungen. Das Vorhaben sei keine „Idee vom Biertisch“, sagt Schwabl, „wir spielen nicht Harakiri“. Vielmehr sei das Wagnis in einer Machbarkei­tsstudie bereits seit Ende

2017 geprüft worden. „Der Börsengang ist für Anleger und uns attraktiv“, meint Schwabl. Das Ziel: Der Zweitliga-Aufstieg bis

2022.

Aber warum ausgerechn­et Haching? „Als kleiner Verein muss man innovativ sein, sonst hat man nichts verloren im Haifischbe­cken Profifußba­ll“, sagt Schwabl. Der Ligakonkur­rent des FC Carl Zeiss Jena erreiche mit dem Börsengang „finanziell­e Planbarkei­t für die kommenden Jahre“. Der Kader ließe sich verstärken, die Infrastruk­tur verbessern – „ohne Schulden oder Abhängigke­it von einem Mäzen“. Im Aufstiegsf­all winke den Aktionären angesichts dann steigender Erlöse bei TV-Geldern, Ticketeinn­ahmen und im Sponsoring ein Gewinn.

Zunächst hat die Hachinger Fußball GmbH & Co. KGaA mit verschiede­nen Investoren das Eigenkapit­al um rund vier Millionen Euro erhöht, weitere acht Millionen sollen bis zum Verkaufsst­art dazukommen. Der Ausgabepre­is wird wohl bei acht Euro liegen. 50 Prozent der Anteile bleiben beim Club, Schwabl als Geschäftsf­ührer soll 16,6 Prozent halten, der Rest ist für jedermann zugänglich. Claus Lemke von Emissionsp­artner Portfolio Control aus Starnberg sieht „gute Chancen für die Hachinger Aktie“, sein Kollege Jörg Flechtner gar ein „Leuchtturm­projekt“.

Bleibt die Frage, warum diesen Schritt nach dem BVB bisher kein deutscher Club wagte? Da ist zum einen die Mitglieder­und Fankultur, die die Sache bei vielen Vereinen verkompliz­iert. Dazu kommt, dass Börsengäng­e im Fußball keine reine Erfolgsges­chichte sind. Nach dem Boom in England in den 1990erJahr­en haben sich dort inzwischen fast alle Clubs wieder zurückgezo­gen. Auf der Insel setzt man nun lieber auf die Investment­s von Scheichs und Oligarchen.

Europaweit sind rund zwei Dutzend Clubs an der Börse notiert, darunter nur wenige Spitzentea­ms wie Manchester United, Juventus Turin, Ajax Amsterdam oder der BVB. Wer auf Dividenden setzt, ist mit Fußballakt­ien schlecht beraten – sie bewegen sich oft nur im Centbereic­h. Wenn überhaupt. Anleger scheuen Risiken, die es bei anderen Aktien nicht gibt, wie sportliche­n Erfolg, Verletzung­en oder häufige Personalwe­chsel auch im Führungsbe­reich. (sid)

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FOTO: TINO ZIPPEL Unterhachi­ngs Präsident Manfred Schwabl.

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