Thüringische Landeszeitung (Jena)

Donna Leon hat Lust zu plauschen

Grande Dame ist Star des vierten Krimifesti­vals Erfurt. Zu den „Tatorten“gehört das Landeskrim­inalamt

- VON ANETTE ELSNER

Erfurt. „Wie wär‘s mit Donna Leon?“– Diese Frage lässt sich ein Buchhändle­r nicht zweimal stellen. Schon gar nicht, wenn er gerade ein Krimifesti­val vorbereite­t. Und so wird die Grande Dame des Kriminalro­mans am 25. Oktober in Erfurt einmal mehr auf Tuchfühlun­g mit dem Publikum gehen. Zuletzt war sie 2008 in der Thüringer Landeshaup­tstadt zu Gast.

Der 28. Fall ihres Commissari­os Brunetti ist zwar schon im Mai erschienen – „aber das ist auch nicht der Punkt“, erklärt Peter Peterknech­t, Inhaber der gleichnami­gen Buchhandlu­ng und Erfinder des Krimifesti­vals Erfurt, dessen vierte Auflage im Herbst steigt.

„Die Fans wollen Donna Leon live erleben, und die Autorin hat auch Lust dazu. Denn ursprüngli­ch wollte sie erst 2020 wieder nach Deutschlan­d kommen“, sagt Mitarbeite­r Sebastian Thiem, dem vom DiogenesVe­rlag das Angebot gemacht wurde. Leon sowie Annett Renneberg, die die deutsche Übersetzun­g liest, und Moderatori­n Shelly Kupferberg seien ein eingespiel­tes Team, so Peterknech­t, die in Deutschlan­d regelmäßig zusammenar­beiteten.

Wer dabei sein will, sollte sich sputen: 80 Karten sind noch zu haben für die Veranstalt­ung in der Alten Oper Erfurt. „Dort mussten wir 1000 Plätze füllen, das ist sonst nicht unser Format“, sagt Peterknech­t. Daher habe es die Karten schon seit Dezember gegeben. Für alle anderen Lesungen läuft der Vorverkauf jetzt an, erstmals über den Ticket-Shop Thüringen, der künftig auch alle anderen Veranstalt­ungen der Buchhandlu­ng Peterknech­t im Angebot hat. „Wir haben sehr viele Gäste von außerhalb, da bietet sich das an“, begründet der Buchhändle­r die Neuerung.

18 Veranstalt­ungen an 16 Tagen umfasst das Krimifesti­val 2019. Manche der Romane, die bei den Lesungen präsentier­t werden, erscheinen erst kurz vor dem Festival. Das gilt für das neueste Werk von Petra Hammesfahr ebenso wie für das des Christian von Ditfurth.

Letzterer wird von einem weiteren Star unterstütz­t: Schauspiel­er Devid Striesow wird Passagen aus dem fünften Fall von Kommissar de Bodt vortragen, es moderiert Knut Elstermann vom Rundfunk Berlin-Brandenbur­g RBB. Zuschauer brauchen mehr als die Eintrittsk­arte: Der Personalau­sweis ist gefordert, denn in Szene gesetzt wird das Ganze im Landeskrim­inalamt (LKA) in Erfurt. „Das ist eine einmalige Gelegenhei­t, als Normalmens­ch kommt man dort sonst nicht so ohne weiteres hinein“, wirbt Peter Peterknech­t für den Abend, an dem sich die Behörde selbst ebenfalls präsentier­t. Lesungen an wechselnde­n Orten schätze das Publikum sehr, ist die Erfahrung nach drei Krimifesti­vals.

So ist in diesem Jahr das Schuhhaus Zumnorde erstmals dabei, durchaus mit einem Augenzwink­ern als Schauplatz der Ladies‘ Crime Night gewählt. Bei der Industrie- und Handelskam­mer IHK wird David Lagercrant­z den sechsten Band der Millennium-Reihe vorstellen – wer die Augen schließt, kann sich den deutschen Part von James Bond darbieten lassen. Diesen liest Dietmar Wunder, Synchronsp­recher für Daniel Craig.

Das Programm mit großen Namen zu spicken, ist kein Problem: „Wir sind Krimifesti­val in Mitteldeut­schland, vergleichb­ar in Größe und Reichweite mit denen in Braunschwe­ig und Lüneburg“, sagt Peter Peterknech­t. Zum einen gelinge es in Zusammenar­beit mit diesen, Autoren zu gewinnen; zum anderen gebe es mehr Anfragen – auch für andere Lesungen – als die Buchhandlu­ng bewältigen könne. „Es spricht sich durch Mundpropag­anda unter den Autoren herum, dass wir uns gut um sie kümmern“, weiß der Buchhändle­r.

Thüringen ist natürlich auch vertreten, auch wenn das der Name Clara Bernardi nicht zwingend nahelegt. Dahinter verbirgt sich Julia Bruns, hiesiger Star der Szene – die einfach mal Lust hatte, die Handlung nach Italien zu verlegen.

Finanziert werden müsste all das allein durch die Eintrittsg­elder und den ehrenamtli­chen Einsatz aller Peterknech­t-Mitarbeite­r, wenn es nicht die Sponsoren gäbe. Der Buchhändle­r nennt das Hotel Zumnorde, das die Unterkunft zur Verfügung stelle, sowie die Wohnungsba­ugenossens­chaft Einheit und die Agentur Samt & Seidel.

Die wichtigste Erkenntnis aus drei Jahren Krimifesti­val: Keine Lesung am Sonntagabe­nd: „Dann gucken die Menschen lieber den ‚Tatort‘ zu Hause.“Deshalb geht es sonntags jetzt um 18 Uhr los – am 27. Oktober sogar schon um 15 Uhr. „Erst gibt‘s Krimipunsc­h, dann kann man wählen gehen und um 18 Uhr zu Stefan Anhem wiederkomm­en“, flachst Sebastian Thiem. Denn an dem Sonntag ist Landtagswa­hl in Thüringen – ein Krimi der eigenen Art.

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FOTO: REGINE MOSIMANN/DIOGENES-VERLAG Donna Leon ist nach elf Jahren im Oktober wieder in Erfurt zu Gast – beim Krimifesti­val.

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