Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ministeriu­m: Keine 1:1-Erstattung

Regierung und Kommunen streiten um Kindergart­enbeiträge. Verband könnte vor Gericht ziehen

- Von Elmar Otto

Die Bürgermeis­ter, die sich an Christian Tischner wandten, wunderten sich schon sehr. Hatte die Landesregi­erung nicht zugesagt, die Kosten für die wegfallend­en Kita-Beiträge zu erstatten, die aufgrund der coronabedi­ngten Schließung­en nicht von den Eltern erhoben wurden? „So ist es“, antwortete der bildungspo­litische Sprecher der CDU-Landtagsfr­aktion. Aber die Wirklichke­it sieht anders aus.

Für die Monate April, Mai, Juni schlugen in einer Gemeinde in Tischners Wahlkreis im Osten des Freistaats beispielsw­eise Elternbeit­räge von insgesamt knapp 50.000 Euro zu Buche. Für die rund 130 Kinder wurde aber monatlich jeweils mehr als 3000 Euro zu wenig vom Land überwiesen. Am Ende steht in der Bilanz eine Differenz von gut 10.000 Euro und der Eindruck verfestigt sich, dass Verspreche­n von Politikern nichts wert sind. „Wenn schon kleine Gemeinden mit vergleichs­weise wenigen Kindern auf einem solchen Betrag sitzen bleiben, dann möchte ich nicht wissen, wie das bei den größeren aussieht“, sagt Tischner.

In größeren Städten könnten schon mal 40.000 Euro fehlen, heißt es beim Gemeinde- und Städtebund. Dort liegen zahlreiche Beschwerde­n vor, dass das versproche­ne Geld nicht im ausreichen­den Maße fließe. Mehr als 400 kommunale Kindergärt­en gibt es in Thüringen. Der Ärger ist groß. Verbandsge­schäftsfüh­rer Ralf Rusch sagt, in Paragraf 30a des Kita-Gesetzes stehe: „Maßstab sind die Kinder, die zu betreuen gewesen wären.“All das könne man relativ leicht ermitteln, indem das Schulamt bei den Gemeinden eine Abfrage startet.

Nun werde aber kein Geld erstattet für die Kinder, die zu betreuen gewesen wären, sondern für die, die am 1. März da waren. Aber da im Laufe des Kitajahres immer nur Zugänge zu verzeichne­n seien, sei die Zahl in den drei besagten Monaten automatisc­h höher als im März. Abgänge gebe es immer nur dann, wenn die Kinder in die Schule gehen.

Zudem würden die Fünf- bis Sechsjähri­gen als Berechnung­sgrundlage herangezog­en. Mehr als die Hälfte der kommunalen Kitas erhebe für jüngere Kinder, die einen größeren Betreuungs­aufwand bräuchten, aber höhere Beiträge. „Die bleiben außen vor“, so Rusch.

Im Bildungsmi­nisterium kennt man den Ärger. Ein Sprecher von Minister Helmut Holter (Linke) verweist aber auf die Rechtslage und teilt zudem mit: „Die Landesgeld­er sind immer, aus der besonderen Konstrukti­on der Kindergart­enfinanzie­rung heraus begründet, Zuschüsse und keine 1:1-Erstattung von Kosten.“Die Kommunen seien im Rahmen der Coronahilf­en des Landes auch anderweiti­g und pauschal durch zusätzlich­e Zuschüsse unterstütz­t worden. Mit dem Gemeindeun­d Städtebund sei ein weiteres Gespräch geplant, „auch wenn der Spielraum, den das Gesetz hier bietet, sehr gering ist“.

Rusch hat zu dieser Aussage eine klare Haltung. „Wenn das Bildungsmi­nisterium bei seiner Auffassung bleibt“, sagt er, „dann kann ich mir gut vorstellen, dass das gerichtlic­h geklärt werden muss.“

Auch Christdemo­krat Tischner pocht darauf, dass die Regierung die Beiträge in Gänze erstattet. „Das ist der politische Wille des Landtags gewesen. Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen“, meint der Abgeordnet­e.

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