Thüringische Landeszeitung (Jena)
Viele Tote und Verletzte in Beirut
Schwere Detonation am Hafen. Ursache unklar: Flog altes Sprengmaterial in die Luft?
In der libanesischen Hauptstadt Beirut hat sich am Dienstag eine gewaltige Explosion mit Dutzenden Toten und mehr als 2750 Verletzten ereignet. Über der Stadt stieg am frühen Abend eine riesige Rauchwolke auf. Durch die Wucht der Explosion am Hafen der Küstenstadt gingen Fenster zu Bruch, Straßen waren mit Trümmern und Glasscherben übersät. Große Teile des Hafens wurden zerstört.
Gesundheitsminister Hassan Hamad sagte am Abend, nach vorläufigen Zahlen seien mindestens 50 Menschen getötet und mehr als 2750 verletzt worden. Darunter sind auch Mitarbeiter der deutschen Botschaft. Das Botschaftsgebäude sei beschädigt worden, teilte das Auswärtige Amt am Dienstagabend in Berlin mit. Angesichts der starken Schäden im Stadtgebiet könne nicht ausgeschlossen werden, dass weitere deutsche Staatsangehörige unter den Opfern und Verletzten seien. Augenzeugen sprachen von Leichen auf den Straßen und Menschen, die unter Trümmern
verborgen seien. Bürger wurden aufgerufen, Blut zu spenden.
Im Internet kursierten Fotos von zerstörten Fenstern an Häusern und Trümmern auf den Straßen. Dutzende Autos wurden beschädigt. Ein Polizist sagte, die Schäden erstreckten sich kilometerweit. Kurz nach der Explosion fielen Telefon und Internet in der Stadt aus. „Wir saßen in unserem Wohnzimmer, und plötzlich fielen uns die Wand und Glas auf den Kopf“, sagte ein Anwohner namens Rumi. Der Hafen liegt nur wenige Kilometer von der Innenstadt Beiruts entfernt.
Bislang keine Hinweise auf einen Anschlag
Die Hintergründe blieben zunächst unklar. Die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete, am Hafen sei in einem Lagerhaus in der Nähe mehrerer Getreidespeicher Feuer ausgebrochen. Innenminister Mohammed Fahmi sagte, nach vorläufigen Informationen sei ein hochexplosives Material detoniert, das seit Jahren am Hafen gelagert wurde.
Einigen Berichten zufolge ereignete sich die Explosion in einem Lager für Feuerwerkskörper.
Nach Angaben der libanesischen Sicherheitsbehörden könnte die Explosion auch durch altes Sprengmaterial verursacht worden sein. Es könnte sich um schon „vor Jahren konfisziertes Sprengmaterial“gehandelt haben, das in einem Gebäude im Hafen gelagert worden sei, sagte Sicherheitschef Abbas Ibrahim. „Es war anscheinend hochexplosives Material“, fügte er vor Journalisten hinzu.
Hinweise auf einen Anschlag oder einen politischen Hintergrund gab es zunächst nicht. Wenige Kilometer vom Ort der Explosion entfernt waren 2005 der damalige libanesische Ministerpräsident Rafik Hariri und 21 weitere Menschen bei einem Sprengstoffanschlag getötet worden. Die Residenz seines Sohnes, der frühere Ministerpräsident Saad Hariri, wurde bei der Explosion am Dienstag beschädigt.
An diesem Freitag will das UN-Libanon-Sondertribunal in Den Haag sein Urteil gegen vier Angeklagte in dem Fall von 2005 verkünden. Viele Libanon machen die Führung des Nachbarlandes Syrien für den Anschlag auf Hariri verantwortlich. Er hatte vor seinem Tod den Abzug der damals im Libanon stationierten syrischen Truppen verlangt.
„Wir haben keine Informationen darüber, was genau passiert ist und was der Auslöser war, ob es ein Unfall oder ein herbeigeführter Akt war“, sagte ein UN-Sprecher kurz nach der Tat am Dienstag in New York. „Zu diesem Zeitpunkt sind unsere Gedanken bei den Menschen im Libanon. Was auch immer passiert ist: Wir hoffen, dass der Schaden begrenzt ist und dass die Sicherheit des libanesischen Volkes garantiert ist.“
Regierungschef Hassan Diab erklärte den Mittwoch zum Staatstrauertag im Gedenken an die Opfer. Präsident Michel Aoun berief eine Dringlichkeitssitzung des Nationalen Verteidigungsrats ein. Neben der EU bot auch Israel humanitäre Unterstützung an.dpa/afp