Thüringische Landeszeitung (Jena)
Die Stunde der Krähe
Der Weimarer Ulrich Völkel hat einen spannenden Politthriller verfasst
Wie bitte? Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus? In diesem Buch wimmelt es nur so von Krähen – im übertragenen Sinne wie auch gezeichnet –, und sie hacken und hacken. Denn hier geht es um die Hackordnung – jeder gegen jeden. Für „Gonikowski oder Wie Macht geht“hat sich der Weimarer Schriftsteller Ulrich Völkel mal eine Auszeit als Krimi-Autor genommen und einen Thriller verfasst. Einen Politthriller, der von der ersten bis zur letzten Zeile Hochspannung verspricht.
Den Einstieg hätte selbst Kafka kaum besser erfinden können: Der Journalist Franz Kwelle wird zum Urlaubmachen verdonnert, quartiert sich in einem abgelegenen Forsthaus ein und dort warnt man ihn, nicht in den Wald zu gehen. Natürlich geht er doch hinein, trifft dort aber nur den Förster, dessen von Narben überzogener Körper an Folter denken lässt.
Während Kwelle noch im Ungewissen
tastet, wird der Leser Zeuge, wie sich zur gleichen Zeit ein Staatsstreich vollzieht: Gonikowski, der Taschenträger des autokratisch regierenden Präsidenten, putscht sich an die Macht. Es gelingt ihm zunächst, die aufkommenden Unruhen im Land niederzuhalten, bis ihm Kwelles Chefredakteurin Brigitte Werner die Stirn bietet. In der Folge entspinnt sich ein Konflikt zwischen Gonikowski und der regierungskritischen Presse, der auf überraschende Weise gelöst wird. Fazit: Der Machtkampf verändert alle, sowohl jene, die vertuschen wollen, als auch jene, die sich um Aufklärung bemühen.
Ulrich Völkel, der am 30. Okto- ber 80 Jahre alt wird, hat etwa 60 Bücher verfasst und bereits wieder einen neuen Roman fertig. Der sei autobiografisch grundiert und trage den Titel „Der alte Zausel“, verrät er. Es sei definitiv sein letzter Ro- man. Soll man ihm das glauben?
Ulrich Völkel: Gonikowski oder Wie macht geht. Eckhaus-Verlag, Weimar, 263 Seiten, 12.80 Euro