Thüringische Landeszeitung (Jena)
Altstadtfest mit Bedienung am Tisch
Wind der Veränderung fegt durch Konzepte für die Jenaer Märkte. Am 5. September wird wieder getrödelt
Ein bisschen trügt der Schein der allgemeinen Harmonie. Am gestrigen Mittwoch war der erste Tag, an dem für den „Bunten Markt“– in Jena auch Jahrmarkt genannt – die neue Regelung griff: nicht mehr monatlich vier Tage am Stück verteilt auf den Straßen des Stadtkerns, sondern immer mittwochs auf dem Marktplatz. Gleich zwei vom Reporter hintereinander angesprochene Händler (die namentlich nicht genannt sein wollten) monierten, dass mit ihnen niemand von der Stadt vorab über die Neuregelung gesprochen habe. Dann hätte man nämlich mahnen können, dass in x anderen Städten ebenfalls mittwochs bunter Markttag sei.
„Es ist die praktikabelste Lösung innerhalb der möglichen Rahmenbedingungen“, sagte dazu Carsten Müller, Vize-Chef des Eigenbetriebes Jenakultur und zuständig für die Märkte: Am Rhythmus für den „Grünen Markt“mit der MarktplatzBelegung am Dienstag, Donnerstag, Freitag und Sonnabend habe die Stadt nicht rühren wollen. Zudem sei somit reagiert worden auf die Kritik nicht zuletzt der stationären Jenaer Geschäftsleute an dem bislang „fliegenden Handel“vier Tage am Stück auf stadtzentralen Straßen. Müller sagte: „Ein Angebot außerhalb des Zentrums wäre bei den Händlern des Bunten Marktes genauso wenig auf Gegenliebe gestoßen.“Und alle Beteiligten zufriedenzustellen, das sei ohnehin unmöglich.
Maximal 50 Händler beim Trödelmarkt
Ein Blick auf weitere Markt-Formate in Corona-Zeiten: Erst am Sonnsich abend, 5. September (statt des angepeilten 15. August), wird der nächste Trödelmarkt veranstaltet.
„Er wird mit hoher Voraussicht auf einem abgegrenzten Teil des Eichplatzes stattfinden und nicht im Straßenraum“, sagte Carsten Müller. Diesmal sei mit maximal 50 Trödelhändlern, die sich vorab anmelden müssen, die Hälfte der sonst üblichen Teilnehmerzahl erlaubt. „Als Band durch das Stadtzentrum – dieses Konzept soll aber in der Zukunft
bestehen bleiben, weil es die Innenstadt belebt.“
Seit vielen Wochen hart gerungen hat die Stadtverwaltung nach Carsten Müllers Beschreibung um das diesjährige Altstadtfest: Trotz Corona steigt das Fest nun. Vom 11. bis zum 20. September wird es ein anderes Gesicht haben.
Es sollen zwar zehn Tage lang Konzerte erklingen, doch wird die Marktfläche vor der Bühne komplett bestuhlt sein; so können 500
Gäste gleichzeitig dabei sein (statt sonst maximal 3000). Auf keinen Fall können die Besucher wie sonst zwischen Imbissständen pilgern – Speis’ und Trank sollen großteils per Bedienung auf die Tische kommen, so war Carsten Müllers Worten zu entnehmen. „Bei der Gastronomie werden wir wohl alles aus einer Hand haben“, sagte er. Das Gros der sonst beim Altstadtfest vertretenen Gastronomen habe im Übrigen abgewinkt. „Die müssen
jetzt darauf konzentrieren, dass ihre eigenen Häuser laufen.“
Ja, das Altstadtfest werde 2020 mehr kosten als sonst, weil die Verkaufsstand-Verpachtung wegbricht; weil für Sicherheitsdienste ein Mehraufwand fällig wird, so rechnete der Jenakultur-Vize vor. Es gebe aber die Erwartungshaltung unterm Motto „Alle anderen Städte machen doch was“. Das Fest belebe die Innenstadt; zudem werde ein verkaufsoffener Sonntag in diese Zeit fallen.
80 Prozent der Ausgaben kämen diesmal Unternehmungen und Künstlern zugute, „die seit ‘nem halben Jahr mal wieder einen nennenswerten Auftrag haben“, sagte Carsten Müller, der auch ein Wort zum Rummel parat hatte: Die Fahrgeschäfte werden auf dem Eichplatz eingezäunt sein und jeweils mit strengem Hygienekonzept offen gehalten.
Fünf statt vier Wochen Weihnachtsmarkt
Und der Weihnachtsmarkt? Von September an werde die Verwaltung das Format planerisch „komplett auseinander- und wieder zusammenbauen“; die Gastronomen und Veranstalter wolle man mit an den Tisch holen. Erwogen werde, den Markt von vier auf fünf Wochen Laufzeit auszudehnen und dabei „eine Woche nach vorn zu ziehen für die Akteure, die umsatzfreie Zeit hatten“.
Carsten Müller sagt, dass die „Grünen Märkte“und der Weihnachtsmarkt in einem normalen Jahr der Stadt 350.000 Euro Umsatz bescheren; das sei mehr als die Hälfte der Märkte-Einnahmen. „Es kommt Skepsis auf, wenn der Weihnachtsmarkt anfängt zu wackeln.“