Thüringische Landeszeitung (Jena)
Ex-Bauernpräsident verkauft an Aldi
Eigentümerstiftung kauft Agrarflächen von Ex-Bauernpräsident Kliem. Kritik von Landwirtschaftsminister und Bauernvertretern
Thüringens einstiger Bauernpräsident Klaus Kliem hat seine Agrargesellschaft Adib GmbH an ein Unternehmen einer Aldi-Familienstiftung verkauft. Die Transaktion sei kürzlich erfolgt, sagte der Sprecher von Aldi Nord, Florian Scholbeck, auf Anfrage. Er bestätigte einen Bericht von MDR Thüringen. Die Adib-Gruppe in Bad Langensalza ist einer der größten Thüringer Agrarbetriebe. Einige tausend Hektar werden bewirtschaftet von nach eigenen Angaben etwa 350 Mitarbeitern.
Erst Geithain bei Leipzig, jetzt Bad Langensalza in Thüringen: Erneut hat Thüringens ExBauernverbandspräsident Klaus Kliem seine Anteile an einen Agrarbetrieb nebst großen Agrarflächen an ein Unternehmen einer Aldi-Familienstiftung verkauft und damit Proteste beim Land Thüringen sowie bei Landwirten ausgelöst.
Käufer ist einmal mehr die Boscor Land- und Forstwirtschafts GmbH, die zum Eigentum der Lukas-Stiftung, einer von drei Familienstiftungen der Aldi-Nord-Besitzer gehört. Bereits im Herbst 2019 war die Geithainer Landwirtschafts GmbH an den Stiftungsbetrieb des
Aldi-Erben Theo Albrecht veräußert worden. Nun wechselte die Adib-Agrarholding in Aschara bei Bad Langensalza mit allen Tochterfirmen den Besitzer, worüber zuerst der MDR berichtete. Aldi-NordSprecher Florian Scholbeck bestätigte gestern den kürzlich abgewickelten Kauf. Zum Preis konnte oder wollte Scholbeck nichts sagen. Die Stiftung selbst verfügt weder über einen Sprecher noch über eine Internetpräsenz. In unbestätigten Veröffentlichungen ist von 40 Millionen Euro die Rede. Alle rund 60 Gesellschafter der Adib hätten dem Verkauf zugestimmt. Kliem hält mit 52 Prozent den größten Gesellschafteranteil an der Holding.
Thüringens Landwirtschaftsmiden nister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) kritisierte den Verkauf. Immer mehr Marktmacht in den Hän
weniger Unternehmen und der Preisanstieg für landwirtschaftliche Flächen verschlechterten die Bedingungen für landwirtschaftliche Betriebe enorm. „Dass gerade der Ehrenpräsident des Thüringer Bauernverbandes das Unternehmen und ca. 6000 Hektar Agrarfläche an einen außerlandwirtschaftlichen Betrieb und dann auch noch an einen Discounter verkauft, der seit Jahren seine Marktmacht zum Nachteil der Bäuerinnen und Bauern ausspielt, ist unverantwortlich“, so Hoff. CDU-Landwirtschaftssprecher Marcus Malsch sieht die Verantwortung auch bei der Landesregierung. Hoff müsse beim Agrarstrukturgesetz, das Land-Verkäufe an Finanzinvestoren
verhindern soll, liefern, sagte er. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fordert eine Regulierung des Bodenmarktes. „Ackerland gehört in Bauernhand“, sagte der AbL-Vorsitzende für Mitteldeutschland, Michael Grolm. Stattdessen nehme Kliem private Profitinteressen wahr und nutzt seine Ämter schamlos aus. Ortsansässige Landwirte hätten zwangsläufig das Nachsehen.
Vorwürfe in Sachen Landraub, auch Land Grabbing genannt, wies Aldi-Nord-Sprecher Scholbeck zurück. Discounter und Stiftungen agierten unabhängig voneinander. „Die Lucas-Stiftung denkt in Generationen und nicht im Heuschrecken-Modus. Es handelt sich um ein Investment in die Region, die Arbeitsplätze und die Arbeit, die vor Ort geleistet wird“, sagte er. Ziel der Eigentümer sei nicht Profitmaximierung, sondern langfristiges und nachhaltiges Engagement in heimische Land- und Forstwirtschaft.
Klaus Kliem war zu DDR-Zeiten Vorsitzender der LPG (Tierproduktion) Aschara. Nach der Wende wurde er Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der umgewandelten Agrar-, Dienstleistungs-, Industrie und Baugesellschafts mbH. Laut einer Studie des Thünen-Instituts gehörten 2017 bereits ein Drittel von 853 untersuchten Agrarbetrieben in Ostdeutschland ortsfremden Großinvestoren, zehn Jahr zuvor waren es noch 22 Prozent.