Thüringische Landeszeitung (Jena)
Raser können mit Milde rechnen
Fahrverbote bleiben nur, wenn sie nach neuem und altem Bußgeldkatalog gelten
Autofahrer in Thüringen, denen wegen zu schnellen Fahrens ein Fahrverbot aufgebrummt wurde, das sie nach dem alten Bußgeldkatalog nicht bekommen hätten, dürfen mit Milde rechnen: Nach Angaben des Thüringer Innenministeriums besteht „ausnahmsweise“bei rechtskräftig angeordneten Fahrverboten die Möglichkeit, „dass die zuständige Behörde im Wege einer Ermessensentscheidung von der Vollstreckung des Fahrverbots ganz absieht oder eine noch andauernde Vollstreckung aussetzt“. Das heißt: Fahrverbote nach dem neuen Bußgeldkatalog werden nicht mehr vollzogen – es sei denn, sie wären auch nach dem alten Katalog verhängt worden. Sollten sie schon angetreten worden sein, erhalten die Autofahrer ihre Führerscheine zurück.
Allerdings rät das Ministerium Betroffenen dazu, selbst aktiv zu werden: „Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten um ein Massenverfahren handelt und die Identifizierung der konkret Betroffenen im Einzelfall schwierig sein kann, erscheint eine entsprechende Kontaktaufnahme des Bürgers mit der zuständigen Vollzugsbehörde als sinnvoll“, heißt es auf eine Anfrage dieser Zeitung.
Thüringen ahndet Verkehrsverstöße seit dem 23. Juli wieder nach dem alten Bußgeldkatalog, dessen Änderung am 28. April in Kraft getreten war. Danach war ein Führerscheinentzug schon dann vorgesehen, wenn Kraftfahrer die Höchstgeschwindigkeit innerorts um 21 Kilometer pro Stunde und außerhalb von Ortschaften um 26 Kilometer pro Stunde überschritten. Inzwischen wurde der Katalog wegen eines Formfehlers für ungültig erklärt. Einen überwachungs- und ahndungsfreien Raum habe es in Thüringen aber zu keiner Zeit gegeben, sagt eine Ministeriumssprecherin. Die Polizei und die Ordnungsbehörden seien angehalten worden, Verkehrsverstöße zu erfassen „unabhängig davon, welcher Bußgeldkatalog angewendet wird“.