Thüringische Landeszeitung (Jena)
So nah und so fern
Liebe Leserinnen, liebe Leser! Weimarer Rendez-vous 2017: Das Thema lautet „Auf Augenhöhe?!“Wie stehen wir zu anderen Regionen? Zu denen, die sich dazu profund äußern können, zählt Professorin Birgit Schädler: „Da wir bei der Lösung der Probleme der Gegenwart aufeinander angewiesen sind und uns räumlich gesprochen auch nicht aus dem Weg gehen können, müssen wir uns einander annähern, uns zusammenraufen …“So steht es in meinem Vorbericht, den ich jetzt noch einmal herausgesucht habe.
Birgit Schäbler hat erst an der Uni Erfurt unterrichtet, ehe sie die Leitung des Orient-Instituts Beirut der Max-Weber-Stiftung übernahm. Ich sah sie jetzt aus aktuellem Anlass in einem „Stern“-Interview. Sie erzählte bewegend davon, wie sie in ihrer Hochhauswohnung im 12. Stock die Explosion im Hafen erlebt hat – und wie sie die Situation in Beirut wahrnahm. Es ist im Wortsinne erschütternd, was da passiert ist – in einem ohnehin schon gebeutelten Land. Sie sah den Feuerball, spürte die Druckwelle; die Glasfront barst, sie eilte die Treppen hinunter auf die Straße, blieb unversehrt.
Schon vor drei Jahren hatte sie betont, wie stark verflochten Okzident und Orient sind, „was ja die Krisen unserer Tage zeigt“… Heute spricht Schäbler davon, dass es die Schäden in Beirut schlimmer seien als nach 15 Jahren Krieg, den das Orient-Institut vergleichsweise gut überstanden hatte. Sie spricht davon, dass die Menschen im Libanon erst geschockt waren und sich nun Resignation breitmache. „Dieses Land ist extrem gebeutelt“, sagt sie: Wirtschafts- und Finanzkrise brachten in den vergangenen Monaten hohe Arbeitslosigkeit – sie spricht von 60 Prozent. Dazu kommen jetzt die Zerstörung, die Obdachlosigkeit, das ganze Leid …
Und nun? Sie wünscht sich einen Neuanfang. Es könne im Land so nicht weitergehen. Und wir? Können helfen.
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