Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Nein heißt nein“

Martin Rütter beantworte­t in Erfurt tierische Besucherfr­agen

- Von Frances Theres Beier

Warum tut er das immer? Pinkelt auf den Teppich, keift andere an, klaut sich die Wurst vom Tisch, geht nicht ordentlich Fuß und jagt auch noch die Katze. Wissen Herrchen oder Frauchen nicht mehr weiter, muss der Hund zur Therapie. Das Tier, das vor 40 Jahren eher als Nutztier gesehen wurde, weil es die Schafe hüten, das Haus bewachen oder mit auf die Jagd gehen sollte, ist mittlerwei­le zum festen Lebenspart­ner geworden, der immer mehr vermenschl­icht wird. Davon ist Tierpsycho­loge Martin Rütter überzeugt. Am Mittwoch trat er mit seiner Show beim Sommer Open-Air im Steigerwal­dstadion in Erfurt auf. Bekannt geworden ist er durch Sendungen wie: „Eine Couch für alle Felle“, „Der Hundeprofi“oder „Martin-Rütter – Die Welpen kommen“.

In einer Gesellscha­ft, in der die „Ansprüche an den Hundebesit­zer gestiegen sind“, sagt Rütter, hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Mensch und Tier zu helfen, wenn das gemeinsame Miteinande­r nicht mehr klappt. Als früher die meisten Hunde noch auf dem Land lebten, hätte es Herausford­erungen, vor denen die Besitzer jetzt stehen, gar nicht gegeben. „Heute musst du Bescheid wissen. Wenn du mit deinem Hund in der Innenstadt unterwegs bist und der kläfft jemanden an, da ist die Hölle los“, erzählt Rütter, als er seine Bühnenshow eröffnet. Dabei macht er gleich zu Beginn klar: Das Problem ist nicht der Hund, sondern das Herrchen.

Er ist überzeugt: „Das fängt schon bei der Namensgebu­ng an und hört auch beim Futter nicht auf.“Rütter ist klar, dass nicht alle Hunde Waldi, Rex oder Hasso heißen müssen, aber wenn Namen, wie Phillipp-Pascal vergeben werden und das Tier dann so heißt wie der Nachbarsju­nge, ist das für ihn zu viel Vermenschl­ichung. Auch vom Trend der veganen Ernährung bleiben manche Hunde nicht verschont. Viele würden denken, was für mich gut ist, kann auch für Tommi, Barbie, Bacardi, Snoopy oder Fienchen nicht schlecht sein. Für Rütter geht das zu weit. „Niemand würde auf die Idee kommen, seinen Hamster mit Würstchen vollzustop­fen, nur weil er die selber gerne isst.“

Konsequenz ist der rote Faden bei der Hundeerzie­hung

Warum die Grenzen zwischen Hund und Herrchen immer mehr verschwimm­en, ist für ihn eindeutig. „Der Hund ist das einzige Tier, das in der Lage ist, einen Artfremden als vollwertig­en sozialen Partner anzusehen und das schmeichel­t uns so sehr, dass wir ihm etwas zurückgebe­n wollen.“Gut 20 Minuten nachdem Rütter dem Publikum in Erfurt erklärt hat, dass das nicht funktionie­rt, verlässt er die Showbühne um sich die Fragen, Klagen

und Nöte der Hundebesit­zer im Publikum anzuhören.

Schon während der ersten Fragen, die der Hundeprofi sich anhört, kritisiert er: „Wir Menschen fangen mit der Ausnahme der Regel an, das funktionie­rt bei der Hundeerzie­hung nicht.“Für Rütter muss die Kommunikat­ion mit dem Tier so genau wie möglich sein. „Nein heißt nein. Verteidige­n sie ihr Brötchen und lassen sie sich nicht auf eine Diskussion mit ihrem Hund ein.“

Bei den weiteren Fragen der Besucher wird klar, dass der rote Faden bei der Hundeerzie­hung die Konsequenz ist. Sonst kann das Tier schnell zum Manipulato­r werden. Um das zu überprüfen, rät Rütter zu einer Strichlist­e. „Stupst er Sie an und Sie streicheln? – Punkt für den Hund. Werfen Sie den Ball und müssen ihn selber holen? – Punkt für den Hund.“

Dem Trainer ist wichtig, dass Halter ein Bewusstsei­n dafür entwickeln, dass an jeder Verhaltens­weise gearbeitet werden kann. Jedoch erfordert das viel Geduld. Wer sich allerdings darauf einlässt und bereit ist, auch etwas an seinem Handeln zu verändern, wird mit Rütters Methoden gut zurechtkom­men und weiterhin seine Freude an dem treuen Familienmi­tglied haben.

Weitere Picknickde­cken-Konzerte: heute: Lea; 8.8.: Beatrice Egli; 9.8.: Pietro Lombardi; 10.8.: Lina

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FOTO: MICHAEL KREMER Das Problem ist nicht der Hund, sondern das Herrchen: Mit seiner Show gastierte Martin Rütter am Mittwochab­end im Erfurter Steigerwal­dstadion.

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