Thüringische Landeszeitung (Jena)
Praxisnahes Feuerwehrtraining
Teag-Gelände in Göschwitz: Im Azubi-Grundlehrgang kann fast alles simuliert werden
Peter Schörnig, der Jenaer Feuerwehr-Chef, geriet ins Schwärmen: Hier sei es doch genau so „wie an den Einsatzstellen, die man ja als Feuerwehrmann vorher nicht so kennt“. Derart beurteilte er am Freitag vor Ort das neu verfügbare Übungsgelände, das sich im etwas verwilderten Rückraum des Thüringer Energie-Unternehmens Teag nahe der Bahngleise zwischen Göschwitz und Winzerla befindet. Die Teag habe das Gelände der Feuerwehr unentgeltlich zur Nutzung überlassen, berichtete Schörnig. Früher war hier die Kohle gelagert worden, solange das Heizkraftwerk Winzerla mit diesem Energieträger arbeitete.
„Das ist eine tolle Sache für die praktische Ausbildung“, sagte Peter Schörnig. Und diese Ausbildung hat wegen der guten Bedingungen eine bemerkenswerte Dimension erlangt: Derzeit absolviert der zweite Jahrgang neuer Feuerwehr-Azubis seinen sechsmonatigen Grundlehrgang im Rahmen der sehr guten praktischen Möglichkeiten, die das Teag-Gelände bietet.
Die insgesamt zweijährige Ausbildung haben aktuell 21 Junge Leute in Angriff genommen – sieben von ihnen als Nachwuchs der Jenaer Berufsfeuerwehr und der Rest aus ganz Thüringen, aus Sachsen und Sachsen-Anhalt. Teil des Konstrukts ist der Ausbildungsverbund, den Jena gemeinsam mit Erfurt und Gera trägt. So lasse sich „ständig updaten, dass wir das gleiche Ausbildungsniveau haben“, sagte Jenas Ordnungsdezernent Benjamin Koppe (CDU). Er schätzte ein, dass von den 1000 Stunden Grundlehrgang die Hälfte auf die Theorie entfällt. Zu den 400 Stunden praktischer Ausbildung kommen 100 Stunden für Sport, Rettungsschwimmen
und Atemschutztraining hinzu.
Kohlebunker-Wohnung ist der Clou „Das Schöne ist: Man kann hier alle Situationen simulieren“, sagte Peter Schörnig über das Übungsgelände: von Straßenunfällen bis zur Bergung einer unter Bauteilen begrabenen Person. Der Clou ist die in einem vormaligen Kohlebunker – 12 mal 13 Meter Grundfläche, 15 Meter hoch – eingerichtete Simulationswohnung. Ein Feuer werde hier nicht gelegt, aber untermalt von dickem Diskonebel lasse sich das taktische Vorgehen trainieren samt Türen-Aufbruch und Personen-Rettung. Von einer Empore in der zweiten Etage aus können die Ausbilder zuschauen und korrigieren. Schörnig: „Das ist ein Goldstück. Sieht alles schmutzig aus, aber so soll es ja sein.“Ausbilder Sven Heilwagen berichtete, dass die Azubis gemäß Atemvorrat ihrer Schutzausrüstung 16 Minuten Zeit haben für den Einsatz in der Wohnung. Das sei belastend wie im „Tempo eines 100-Meter-Laufes über 16 Minuten“. Nach Heilwagens Beschreibung haben die Azubis dank vieler passender Ur-Berufe die Simulationswohnung selbst gebaut. „Das ist alles nicht mit Geld zu bezahlen.“
Aber: Im Rückraum der Teag, da geht noch was. Benjamin Koppe deutete an, dass das Gelände Stück für Stück auf die Jena-Spezifika zugeschnitten werden soll. Stichwort: B-88-Tunnel bei Rothenstein, Stichwort Jagdbergtunnel. Dafür soll zum Beispiel eine alte KohlelieferRöhre hergerichtet werden.