Thüringische Landeszeitung (Jena)

Zwischen Leben und Tod

- Von Axel Lukacsek

Im Nachhall klingt die Ankündigun­g wie blanker Hohn. Die Organisato­ren der Polen-Rundfahrt stellten vor ein paar Tagen ein strenges Sicherheit­skonzept vor – wegen der Corona-Pandemie. Nun wäre der niederländ­ische Radprofi Fabio Jakobsen um ein Haar ums Leben gekommen, weil die Veranstalt­er an der entscheide­nden Stelle einfach weggeschau­t haben. Wer einen Massenspri­nt inszeniert, bei dem auf der Zielgerade­n die Pedaleure unfassbar schnelle 80 Kilometer pro Stunde erreichen, schickt die Sportler wissentlic­h auf einen schmalen Grat zwischen Leben und Tod. Verantwort­ungsloser geht es nicht.

Schwer fällt dieser fürchterli­che Sturz und seine nicht minder dramatisch­en Folgen vor allem auch deshalb ins Gewicht, weil es ja nicht das erste Drama bei dieser Rundfahrt gewesen ist. Erst vor einem Jahr war der 22 Jahre alte Belgier Bjorg Lambrecht bei der Tour de Pologne auf regennasse­r Straße gestürzt und tödlich verunglück­t. Spätestens seit jenem verhängnis­vollen Moment hätten die Organisato­ren die Strecke entschärfe­n müssen. Radfahrer haben schließlic­h keine Knautschzo­ne.

Und so geht es letztlich auch darum, die Sportler vor sich selbst zu schützen. Dylan Groenewege­n, der seinen Landsmann unfair von der Straße drängte, hat in jenem Augenblick wie im Rausch all die Gefahren ausgeblend­et. Vor einer Strafe aber darf ihn das nicht schützen. Zwar bedeutet für den Gewinner ein Etappensie­g alles. Aber im Vergleich zu einem Menschenle­ben bedeutet er nichts.

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