Thüringische Landeszeitung (Jena)

Kein Thema zur Profilieru­ng

- Fabian Klaus über den Alleingang in der Flüchtling­sfrage

Dass der Bundesinne­nminister den Thüringer Alleingang zur Aufnahme von Flüchtling­en gestoppt hat, sorgt für geteilte Reaktionen. Das war absehbar. Wer sich eher politisch links verortet, der verurteilt die Entscheidu­ng als „inhuman“. Wer sich in der politische­n Mitte sieht – oder an der Stelle, die er dafür hält –, der lobt Seehofers Entscheidu­ng insbesonde­re mit Blick darauf, dass Alleingäng­e nicht akzeptabel seien, wenn Deutschlan­d mit einer Stimme sprechen muss. Ist also die Einigkeit der Bundesrepu­blik wichtiger als Menschenle­ben in den Elendslage­rn auf den griechisch­en Inseln?

Dass Thema auf diese populistis­che Frage herunter zu reduzieren, würde zu kurz springen. Denn mitnichten ist es so, dass Deutschlan­d seiner Verantwort­ung in Europa bisher nicht gerecht geworden wäre. Knapp 1000 Menschen, vorzugswei­se kranke Kinder, kommen aus den Elendslage­rn nach Deutschlan­d und dürfen ihre Kernfamili­e mitbringen.

Und das ganz ohne Alleingäng­e aus Thüringen oder Berlin. Nichts anderes sind diese geplanten Landesaufn­ahmeprogra­mme. Das war in Thüringen vor allem politisch motiviert, weil es der Wählerscha­ft insbesonde­re von Linken und Grünen besonders gut gefällt. Zudem kann, wer gegen diese humanen Programme argumentie­rt, nur verlieren. Wer wendet sich schon gegen die Rettung von Menschenle­ben und ist trotzdem Demokrat?

Es geht bei der Debatte auch darum, dass die Flüchtling­spolitik Sache des Bundes ist. Deshalb ist die Entscheidu­ng aus Berlin zunächst in vollem Umfang zu akzeptiere­n – zumal sie nicht überrascht. Sollte Thüringens Migrations­minister in der Begründung der Ablehnung aber Ansätze für eine Klage finden, muss er diese liefern, um Klarheit zu schaffen – und das Thema endlich denen, die sich auf dem Rücken von Geflüchtet­en profiliere­n wollen, zu entziehen.

f.klaus@tlz.de

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