Thüringische Landeszeitung (Jena)
Riesige Eisscholle ist geschmolzen
Forschungsschiff stößt mit neuer Besatzung Richtung Norden vor
Am vergangenen Sonntag, nach 16 Tagen in Quarantäne in Bremerhaven, ist der Jenenser Geophysiker Steffen Graupner an Bord der „Akademik Treshnikov“, des Flaggschiffs der russischen Polarforschungsflotte, gegangen. Das Schiff soll ihn samt weiteren internationalen Crewmitgliedern und Wissenschaftlern zum letzten Expeditionsabschnitt auf den Weg des deutschen Forschungseisbrechers „Polarstern“bringen.
Der liegt derzeit bei 79 Grad nördlicher Breite und sammelt seine Außenstationen ein. Inzwischen sind beide Schiffe aufeinander getroffen und die Besatzung kann für die folgenden drei bis vier Tage Material, Treibstoff und Proviant verladen. Dann steuert die „Polarstern“wieder weit Richtung Norden, berichtet Steffen Graupner, dorthin, wo die Eisbildung demnächst wieder einsetzt. Das Schiff will sich abermals einfrieren lassen.
Transpolardrift hat schon einzigartige Daten geliefert
Derzeit läuft die größte Arktisexpedition aller Zeiten: Seit Herbst 2019 driftet ein internationales Forschungsteam im Rahmen der Mosaic-Expedition durch die Arktis. Die „Polarstern“und ein ganzes Camp von Messstationen auf einer Eisscholle dienen als Basis für Messungen im Polarmeer, im Meereis und in der Atmosphäre. Dieser Transpolardrift hat bereits einzigartige Daten aus der zentralen Arktis geliefert. Doch jetzt ist die Eisscholle, an der die „Polarstern“im Herbst 2019 vor Sibirien angedockt hat, im sommerlichen Tauwetter geschmolzen und am 30. Juli 2020 unter lautem Knallen zerbrochen.
„Sie hat uns 1700 Kilometer durch das Nordpolarmeer getragen, von der Laptewsee vorbei am Nordpol bis in die Framstraße“, sagt Expeditionsleiter Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Bis zum letzten Moment hatten die Wissenschaftler auf dieser Scholle geforscht, bevor sie alle Geräte und Anlagen am 29. Juli an Bord holten.