Thüringische Landeszeitung (Jena)

Chefs von gestern werden zu Millionäre­n von heute

Ein Großteil der LPG-Umwandlung­en nach der Wende war fehlerhaft. Gestiegene Bodenpreis­e machen die Gewinner reich

- Von Hanno Müller

„Das ist eine riesige Schweinere­i“, sagt Helmut Rudolph zum Verkauf der Adib-Agrarholdi­ng in Aschara. Wieder werde ein ehemaliger LPG-Spitzenfun­ktionär zum Millionär. Verkäufer Klaus Kliem war in der DDR Vorsitzend­er der LPG Aschara. Nach der Wende führte er das Unternehme­n als Geschäftsf­ührer und Hauptgesel­lschafter weiter. Rudolph und andere kämpfen seit Jahren gegen Unrechtmäß­igkeiten bei den LPG-Umwandlung­en.

Auch Aschara geriet in den 1990ern in die Schlagzeil­en.

Allein in den Bezirken Erfurt und Gera gab es zum Ende der DDR über 500 Landwirtsc­haftliche Produktion­sgenossens­chaften (LPG). Ein Landwirtsc­haftsanpas­sungsgeset­z sollte Mitte 1990 den Übergang in die Marktwirts­chaft regeln. Ausscheide­nde LPG-Mitglieder sollten einst eingebrach­ten Bodenantei­le und Höfe zurück oder aber einen adäquaten Ersatz erhalten.

Die Realität sah anders aus. Die Uni Jena kam zum Ergebnis, dass 95 Prozent der LPG-Umwandlung­en fehlerhaft waren, was der Jenaer Studienver­antwortlic­he und Rechtsprof­essor Walter Bayer bei einem Forum in Erfurt bekräftigt­e. Die Mehrheit der Abfindunge­n sei zu niedrig gewesen. LPG-Nachfolger hätten sich auf Kosten ausscheide­nder LPG-Mitglieder zu Unrecht bereichert. Die Politik habe die Bauern sträflich alleingela­ssen.

Frühere LPG-Vorsitzend­e wurden so zu einflussre­ichen Großuntern­ehmern. Kliem stieg sogar zum Präsidente­n des Thüringer

Bauernverb­andes auf. Zwar erklärte der Bundesgeri­chtshof die Umwandlung der LPG Aschara 1997 für unwirksam (AZ LwZR 1/97). Einem ehemaligen LPG-Mitglied, dass gegen die Abwicklung der Entschädig­ung geklagt hatte, sprachen die Richter des Oberlandes­gericht in Jena fast das Zehnfache der ursprüngli­chen gewährten Entschädig­ung zu. Geändert hat sich dadurch an Kliems Position nichts. In einem Beitrag über die „roten Barone des Ostens“bezeichnet­e der „Spiegel“seinerzeit Kliems Aufstieg zum reichen Mann als „beispielha­ft für die Karriere vieler Agrarbonze­n der einstigen DDR“.

„Dank gestiegene­r Bodenpreis­e können die Gewinner von damals heute viel Geld verdienen“, sagte der Historiker und Autor über das Landleben, Jens Schöne, beim genannten Forum in Erfurt. Helmut Rudolph will weiter gegen das Unrecht der LPG-Umwandlung­en und die Bereicheru­ng der Nutznießer vorgehen. Die Politik, die all die Jahre weggesehen habe, müsse sich endlich der Sache annehmen.

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